Absturz bei Niederlande-Wahl: Wilders hat sich selbst ins Aus manövriert

Geert Wilders steht vor einem Publikum.
Wilders’ Ein-Mann-Partei hat die Niederlande gelähmt. Dafür straften die Wähler ihn am Mittwoch ab - laut ersten Prognosen verliert er den ersten Platz, die linksliberale D66 gewinnt.

Diesen Abend hat er sich wohl anders vorgestellt. Vor zwei Jahren war Geert Wilders noch als strahlender Sieger aus der Wahl gegangen, erstmals hatte seine rechtspopulistische Partij voor de Vrijheid (PVV, Partei für die Freiheit) den ersten Platz geholt gehabt. Jetzt, nachdem er im Sommer die erste Koalition gesprengt hatte, an der seine PVV je beteiligt gewesen war, steht fest: Wilders hat sich selbst ins Aus  geschossen. Seine Partei stürzt laut ersten Prognosen von 37 auf 25 Sitze ab, liegt nur mehr auf Platz zwei.

Auch wenn bis zuletzt eine kleine Unsicherheit blieb, da nicht alle Stimmen ausgezählt waren, feierten die linksliberalen Demokraten 66 bereits ihren Sieg. Das Bündnis, das 2023 noch zu den Kleinparteien zählte, schob sich  mit 27 von insgesamt 150 Sitzen  auf Platz eins vor. 

Das gute Ergebnis lag zu einem guten Teil an Parteichef Rob Jetten. Der 38-Jährige gilt als Hoffnungsträger der progressiven Wähler, er ist nicht nur jung und eloquent, sondern bringt als ehemaliger Klimaminister und Vize-Premier auch viel Erfahrung mit. Seinen Wahlkampf hat er bewusst als Anti-Wilders geführt, mit einer Absage an dessen destruktive Politik: „Wilders an der Macht hat uns doch in letzter Zeit nur Streit und Stillstand gebracht. Lasst uns  zeigen, dass es geht“, sagte er noch am Wahltag.

Dreierkoalition

Welche Koalition Jetten anstrebt, hat er auch offen gelegt. Regieren will er mit dem grün-sozialdemokratischen Bündnis, das auf dem dritten Platz landete und dessen Parteichef Frans Timmermans sein Amt zurücklegte, und dem konservativen Christdemokratischen Appell (CDA), der Platz vier errang. Rechnerisch reicht das  nur ganz knapp für eine Mehrheit, ein breiteres Bündnis würde Jetten aber nur mit der  zweitplatzierten VVD schmieden können. Der Knackpunkt dabei: Die Partei von Ex-Premier und  NATO-Chef Mark Rutte  hat eine Kooperation mit dem links-grünen Bündnis bisher ausgeschlossen.

Dass Wilders damit von der politischen Bühne verschwindet, ist aber eher unwahrscheinlich. Der 1,90-Meter-Mann,  berühmt für seine weißblondierte Haarpracht und für Aussagen, die Öffentlichkeit und Politik oft gleichermaßen verstören, mischt bereits seit 2006 die niederländische Politik auf; mal mit besseren, dann wieder mit schlechteren Ergebnissen.

Stehaufmännchen

Schon als er seine eigene Regierung diesen Sommer sprengte, fühlten sich nicht wenige politische Beobachter an Jörg Haider erinnert. Auch der einstige FPÖ-Chef war lange Österreichs  politischer Gottseibeiuns, und bei der ersten Regierungsbeteiligung unter Kanzler Wolfgang Schüssel saß er nicht im Kabinett – ebenso wie Wilders. Das hatten dessen Koalitionspartner zu verhindern gewusst.

Dass Wilders' Partei ihn für seine Kamikaze-Manöver so abstraft, wie es Haider passierte, muss Wilders allerdings nicht befürchten.  Seit der Gründung der PVV vor 19 Jahren hat seine Partei nämlich nur ein einziges Mitglied, und zwar Wilders selbst. Die PVV hat  weder Jugendorganisation noch Parteiakademie, und selbst seine Minister gehörten der PVV nicht an. Wilders hatte sie höchstpersönlich ausgesucht und  für ihre Ämter nominiert. 

Dass er seine Rolle in der ersten Reihe je abtritt, ist damit quasi ausgeschlossen, zumal er in den vergangenen Jahren auch niemanden neben sich groß werden ließ.  Er führe sein  politisches Imperium als Alleinherrscher, sagen Ex-Wegbegleiter. Sogar  der Kontakt zu anderen Parteien sei seinen Politikern untersagt, und mit Medien zu reden, sei ebenso verboten. Am Mittwoch meldete er sich nur via X: „Ich hätte mir einen anderen Ausgang gewünscht.“

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