Entscheidung für die Familie: Neuseelands Premierministerin Ardern geht

Entscheidung für die Familie: Neuseelands Premierministerin Ardern geht
Die einst jüngste Regierungschefin der Welt gibt ihr Amt im Februar auf. Beim Abgang wendet sich direkt an ihre Tochter

Sie galt fünf Jahre lang als entscheidende Kraft in der Politik ihres Landes: Mutig und vor allem schnell entschlossen steuerte sie Neuseeland durch die Pandemie, oder etwa durch den Horror eines Terroranschlags auf eine Moschee durch einen Rechtsextremisten in Christchurch. So schnell entschlossen hat Jacinda Ardern jetzt ihren Rücktritt angekündigt.

Sie will im Februar zurücktreten und damit Platz machen für einen Nachfolger, der dann die Parlamentswahlen im Herbst in Neuseeland schlagen soll, In einer zutiefst emotionalen Abschiedsrede gab die populärste Politikerin ihres Landes offen zu, dass sie nicht mehr "genug im Tank" habe, um weiterzumachen und wandte sich direkt an ihre Familie. Sie dankte ihrem Partner Clarke Gayford und ihrer Tochter Neve, die sie geboren hatte, als sie bereits im Amt war, nannte die beiden, "die, die am meisten von uns allen geopfert haben". Ihrer Tochter richtete sie dann aus, "dass ich mich darauf freue, dabei zu sein, wenn du heuer mit der Schule anfängst". Und auch an ihren Mann richtete sie offen und direkt einen Vorschlag: "Lass uns doch endlich heiraten".

Mehr Zeit mit der Familie

Auf die Frage, was sie denn in Zukunft so vorhabe, meinte Ardern nur, "mehr Zeit mit der Familie verbringen". Sie wolle aber nicht den Eindruck erwecken, dass es die "Feindseligkeit der Politik" sei, die Menschen zum Ausstieg bringe, aber natürlich habe das einen Einfluss: "Wir sind eben auch nur Menschen".

2017 war Ardern bei ihrer Wahl zur Regierungschefin mit 37 Jahren eine der jüngsten Frauen weltweit an der Spitze einer Regierung.

Die 42-jährige Politikerin, die zeitweise mit Tränen kämpfte, sagte, ihre fast sechs Jahre als Premierministerin seien eine harte Zeit gewesen. Sie habe keinen Weg gefunden, sich auf ein weiteres Jahr und auf eine weitere Amtszeit vorzubereiten.

Neue Vorsitzende/neuer Vorsitzender gesucht

Die regierende neuseeländische Labour-Partei wird am Sonntag einen neuen Vorsitzenden wählen. Der oder die Parteivorsitzende wird bis zur nächsten Parlamentswahl am 14. Oktober auch das Amt des Premierministers ausüben.

Einst jüngste Ministerpräsidentin der Welt

Weltweit war die beliebte Labour-Politikerin in den Medienfokus gekommen, als sie 2017 mit damals erst 37 Jahren die jüngste Ministerpräsidentin der Welt wurde. In nur wenigen Monaten brachte sie es von der stellvertretenden Oppositionsführerin zur Regierungschefin. Ihr kometenhafter Aufstieg hat in Neuseeland einen Namen: Jacindamania. Als sie im Juni 2018 ihre Tochter Neve zur Welt brachte, war sie die erste Regierungschefin seit Jahrzehnten, die während ihrer Amtszeit Mutter wurde.

Sensibles Krisenmanagement

Die charismatische Politikerin machte in all ihren Regierungsjahren vor allem durch ihr sensibles Krisenmanagement von sich reden. Dies galt unter anderem für Neuseelands Weg durch die Corona-Pandemie. Auch für ihre Reaktion auf den Terroranschlag im März 2019 auf zwei Moscheen in Christchurch mit 51 Toten erntete Ardern viel Anerkennung. Damals hielt sie eine bewegende Rede und trug ein Kopftuch, um der muslimischen Gemeinschaft auf der ganzen Welt ihre Solidarität zu bekunden. Zuletzt waren die Beliebtheitswerte der Regierungschefin und ihrer Partei in Umfragen allerdings gesunken.

Wichtigste Regierungschefin

Zu ihrem Rücktritt erklärte sie nun: "Mit einer so privilegierten Rolle geht Verantwortung einher, darunter auch die Verantwortung, zu wissen, wann Sie die richtige Person zum Führen sind und wann nicht." Das Amt habe ihr viel abverlangt. "Man kann und sollte den Job nur machen, wenn man einen vollen Tank hat, plus ein bisschen Reserve für die ungeplanten und unerwarteten Herausforderungen, die unweigerlich kommen." Sie hoffe, dass sie den Neuseeländern den Glauben gegeben habe, dass sie Ihre eigene Art von Führungskraft sein können: "Jemand, der weiß, wann es ist Zeit zu gehen." Kommentatoren sprechen schon jetzt von der "wichtigsten Regierungschefin Neuseelands" in der Nachkriegszeit. Sie sei eben weit mehr als das "hübsche Gesicht" gewesen, für das viele sie anfangs gehalten hätten.

Neuseelands Regierungschefin tritt zurück

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