Neue Sanktionen: Österreich bremst bei Gas und Diplomatenausweisung

Die Europäische Union reagiert auf Kriegsverbrechen in Butscha. Wien zögert auch bei Diplomatenausweisung.

Die EU will entschlossen auf die Kriegsverbrechen im ukrainischen Butscha reagieren und am Mittwoch eine fünfte Sanktionsliste gegen Russland beschließen. Nur über den Umfang herrscht Uneinigkeit.

Die EU sollte auch hinsichtlich Gas- und Kohleimporten aus Russland schnell reagieren, sagte der französische Europaminister Clement Beaune; ein Gas-Boykott kommt aber für einige Länder wie Deutschland und Österreich nicht in Frage.

Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) schloss am Dienstag ein Gasembargo gegen Russland aus. „Wir müssen den Realitäten ins Auge sehen“, sagte Schallenberg vor Journalisten in Berlin. „Eine Reihe von europäischen Staaten, nicht nur Österreich, kann die russischen Gasimporte nicht über Nacht ersetzen.“ Die Gasimporte seien demnach weiterhin nicht Teil des Sanktionenpakets.

 

Neue Sanktionen: Österreich bremst bei Gas und Diplomatenausweisung

Die EU-Kommission schlägt einem Insider zufolge aber ein Kohle-Importembargo vor. Zudem solle die Einfuhr von Holz, Zement, Gummi, Chemikalien und Luxuslebensmitteln wie Kaviar und Spirituosen sowie Wodka verboten werden. Dies umfasse ein Gesamtvolumen von fünf Milliarden Euro jährlich. Russische Lastwagen und Schiffe sollten nicht mehr in die EU dürfen. Auch das Exportverbot von Halbleitern, High-Tech-Maschinen, bestimmter Flüssiggastechnik und anderer Ausrüstung steht an – Volumen: zehn Mrd. Euro.

Neue Sanktionen: Österreich bremst bei Gas und Diplomatenausweisung

Kein Import mehr von russischem Kaviar und Wodka

Ein Öl-Embargo ist noch strittig. „Wir sprechen über alles“, sagte der deutsche Finanzminister Christian Lindner (FDP). Kohle und Öl seien schneller zu ersetzen als etwa Gas oder Rohstoffe wie Palladium. Auch Österreichs Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) sagte, russisches Öl werde seit dem Einmarsch Russlands in der Ukraine von der OMV nicht mehr verwendet.

Ausweisungen

Unterdessen reagieren EU- Staaten mit Ausweisungen russischer Diplomaten: Nach Polen, den baltischen Staaten, Belgien, den Niederlanden, Irland und Tschechien hat auch Deutschland 40 russische Diplomaten zu „unerwünschten Personen“ erklärt. Sie hätten „hier jeden Tag gegen unsere Freiheit, gegen den Zusammenhalt unserer Gesellschaft gearbeitet“, so Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne). Auch Frankreich Italien, Spanien, Dänemark und Schweden wiesen Dutzende russische Diplomaten, teils unter dem Vorwurf geheimdienstlicher Tätigkeit, aus. Russland drohte eine „symmetrische“ und für die Beziehungen „destruktive“ Antwort an. Ebenso Slowenien, Rumänien, Portugal sowie Estland und Lettland. Auch EU-Außenbeauftragter Josep Borrell gab am Dienstag bekannt, dass 19 Mitarbeiter der russischen EU-Vertretung zu unerwünschen Personen erklärt werden. Besonders drastisch handelte Slowenien. Es setzte 33 der 41 russischen Botschaftsangehörigen in Ljubljana vor die Tür. Schallenberg findet es bedauerlich, dass „hier jeder Staat einzeln agiert“.

Österreich will erst ausweisen, „wenn es einen konkreten Anlass gibt, wenn ein Verhalten nicht den Bestimmungen der Wiener Diplomatenrechtskonvention entspricht“, hieß es aus dem Außenamt zum KURIER. Spionage wäre so ein Grund. Ausweisungen seien pro futuro nicht auszuschließen. Schallenberg hatte auch eine solche des russischen Botschafters, der die Opfer von Butscha „verhöhnt“ und am Montag zum vierten Mal ins Außenamt zitiert worden war, eine „Möglichkeit“ genannt, die er sich vorbehalte.

Die frühere europäische Politik gegenüber Putin sei „rückblickend vielleicht (...) naiv“, aber „zum damaligen Zeitpunkt war diese Politik die richtige“, so Schallenberg in der ZIB 2. „Wir haben ihn alle falsch eingeschätzt. Hätten wir ihn richtig eingeschätzt in der Europäischen Union, hätten wir ganz anders agiert.“

 

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