Neue Gewalt vor Kerry-Mission

Nach mehr als vier Monaten Waffenruhe beginnt der blutige Kreislauf von Aktion und Reaktion von Neuem.

Kurz vor einer neuen Vermittlungsmission von US-Außenminister John Kerry spitzt sich die Lage im Nahen Osten wieder zu. Am Dienstag war Fatah-Aktivist Maisara Abu Hamdijeh, der wegen eines versuchten Bombenanschlags auf ein Jerusalemer Cafe im Jahr 2002 eine lebenslange Haftstrafe in Israel verbüßte, in Beersheba (Be'er Sheva) an Krebs gestorben. Die Palästinenserführung warf Israel vor, seine medizinische Behandlung vernachlässigt zu haben. In der Folge kam es zu einer Serie von Unruhen und Auseinandersetzungen, die seitdem nicht mehr abreißt.

In der Nacht auf Mittwoch flog die israelische Luftwaffe erstmals seit der Waffenruhe vom November wieder einen Angriff auf den Gazastreifen. Zuvor seien Raketen aus dem Gazastreifen auf israelisches Gebiet abgefeuert worden, teilte die israelische Armee mit. Es war der dritte Angriff militanter Palästinenser auf Israel seit November. Damals hatten sich Israel und die im Gazastreifen herrschende Hamas-Organisation nach blutigem Schlagabtausch auf eine Waffenruhe geeinigt. Bei den achttägigen Kämpfen waren mehr als 160 Palästinenser und sechs Israelis getötet worden.

Am Mittwochabend wurden im Westjordanland dann zwei Palästinenser von israelischen Soldaten erschossen. Die 17-Jährigen hatten einen Kontrollposten mit Steinen beworfen, die israelische Armee sprach dagegen von Molotowcocktails. Daraufhin schlug am Donnerstag im Süden Israels wieder eine aus dem Gazastreifen abgefeuerte Granate ein, allerdings ohne Schäden zu verursachen. Als am Donnerstag im Westjordanland mehrere Tausend Menschen an den Beerdigungen der drei toten Palästinenser teilnahmen, kam es zu neuen Krawallen, bei denen Demonstranten israelische Soldaten mit Steinen bewarfen. Das Militär antwortete mit Tränengas und gummiummantelten Stahlgeschoßen. Dabei gab es mehrere Leichtverletzte.

Palästinenser-Präsident Mamoud Abbas wirft Israel vor, die aktuellen Bemühungen der USA, den Friedensprozess wieder in Gang zu bringen, zu gefährden. "Die israelische Regierung betreibt diese Eskalation und ist damit verantwortlich für die negativen Folgen für die Anstrengungen der USA und der internationalen Gemeinschaft, neue Verhandlungen in die Wege zu leiten." US-Außenminister Kerry wird am Wochenende zunächst in Istanbul, dann in Israel erwartet. Am Montag und Dienstag stehen Treffen mit Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu und dem palästinensischen Präsidenten Mahmoud Abbas auf dem Programm. Kerry will auf der Reise die Möglichkeiten für neue Gespräche ausloten, hat allerdings laut seiner Sprecherin Victoria Nuland keinen "großen Plan" für die Lösung des Nahost-Konflikts im Gepäck.

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