Netanjahu über Vorgehen im Gazastreifen: "Kritik, weil wir Juden sind"

Netanjahu über Vorgehen im Gazastreifen: "Kritik, weil wir Juden sind"
Israels Premier Benjamin Netanjahu ortet einen "Vulkan des Antisemitismus", der weltweit ausbreche.

Israels Premier Benjamin Netanjahu hat internationale Kritik am israelischen Vorgehen im Gazastreifen zurückgewiesen und auf das Selbstverteidigungsrecht seines Landes gepocht. Die Kritik sei nicht auf das Handeln Israels zurückzuführen, "sondern weil wir existieren, (...) weil wir Juden sind", argumentierte Netanjahu am Sonntag bei einer Zeremonie zum Holocaust-Gedenktag in der Gedenkstätte Yad Vashem. Er ortete einen "Vulkan des Antisemitismus", der weltweit ausbreche.

"Kein noch so großer Druck, kein Beschluss eines internationalen Forums wird Israel davon abhalten, sich zu verteidigen", sagte Netanjahu weiter. "Wir werden unsere völkermordenden Feinde besiegen. Nie wieder ist jetzt!" Sollte Israel gezwungen sein "alleine zu stehen, wird Israel alleine stehen", betonte der Chef eines rechtsreligiösen Regierungskabinetts. Mit Verweis auf die Verfolgung und Vernichtung der Juden im Zweiten Weltkrieg durch das "Deutsche Reich" sagte der israelische Regierungschef: "Während des furchtbaren Holocausts gab es wichtige Staatenlenker, die abseits standen. Die erste Lektion aus dem Holocaust ist deshalb: wenn wir uns nicht selbst verteidigen, wird uns niemand anders verteidigen." Der 74-Jährige ergänzte: "Heute stehen wir erneut Feinden gegenüber, die auf unsere Zerstörung aus sind." Proteste gegen das israelische Vorgehen im Gazastreifen, etwa bei den Protesten an Universitäten in den USA und anderswo gebe es, "weil wir Juden sind".

Entfremdung der USA

Wegen ihres Vorgehens im Gazastreifen sieht sich die israelische Regierung internationaler Kritik ausgesetzt. Die harte Kriegführung Israels bewirkte zuletzt sogar beim engsten Verbündeten, den USA, eine gewisse Entfremdung. US-Präsident Joe Biden fordert regelmäßig mehr Hilfslieferungen für die Not leidende Bevölkerung im Gazastreifen. Den israelischen Regierungschef warnt er eindringlich davor, das Militär in die südliche Stadt Rafah zu schicken, bevor Hunderttausende dort zusammengedrängte Binnenflüchtlinge in Sicherheit gebracht sind.

Die Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) warf Israel am Sonntag bei ihrem Gipfeltreffen einen "Völkermord" im Gazastreifen vor und rief zu Sanktionen gegen Israel aufgerufen. Die 57 Mitgliedstaaten beschlossen am Sonntag in Gambias Hauptstadt Banjul eine Resolution, die sich dafür ausspricht, Strafmaßnahmen gegen Israel zu verhängen und "den Export von Waffen und Munition einzustellen, die von ihrer Armee verwendet werden, um im Gazastreifen das Verbrechen des Genozids zu begehen".

Die Resolution enthält überdies den Aufruf, "diplomatischen, politischen und rechtlichen Druck auszuüben und jegliche abschreckende Maßnahme zu ergreifen, um die Verbrechen der kolonialen israelischen Besatzung zu beenden und den Völkermordkrieg, den es gegen das palästinensische Volk führt". Zugleich forderte die Organisation eine "sofortige, dauerhafte und bedingungslose Waffenruhe" in dem Palästinensergebiet.

Keine Sanktionen

Die OIC wurde 1969 nach dem Brand der Al-Aksa-Moschee in Jerusalem gegründet, um die Solidarität zwischen Muslimen zu stärken, heilige Stätten des Islam zu schützen und die Palästinenser zu unterstützen. Im November hatte sie Israels Vorgehen im Gazastreifen auf einem gemeinsamen Gipfel mit der Arabischen Liga verurteilt, ohne allerdings Sanktionen auf den Weg zu bringen.

Der Gaza-Krieg wurde durch den beispiellosen Angriff der radikalislamischen Hamas auf Israel am 7. Oktober ausgelöst, bei dem nach israelischen Angaben etwa 1170 Menschen getötet und rund 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt wurden. Israel geht seit dem Hamas-Angriff massiv militärisch im Gazastreifen vor. Dabei wurden nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, inzwischen mehr als 34.600 Menschen getötet. Israel bestreitet diese Zahlen.

Wichtiger Grenzübergang geschlossen

Am Sonntag hatte Israels Armee den derzeit wichtigsten Grenzübergang für Hilfsgüter in den Gazastreifen nach Raketenbeschuss aus dem Palästinensergebiet geschlossen. Aus einem Gebiet nahe der Stadt Rafah im südlichen Gazastreifen seien zehn Geschosse in Richtung des Übergangs Kerem Shalom abgefeuert worden, erklärte die Armee. Dabei seien drei israelische Soldaten getötet und zahlreiche weitere verletzt worden. Seitens der Hamas hieß es unterdessen, bei einem israelischen Armeeangriff auf ein Haus in Rafah seien am Wochenende neun Palästinenser ums Leben gekommen.

Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock verurteilte den Hamas-Raketenangriff scharf. "Der Beschuss eines der wichtigsten Zugänge für humanitäre Hilfe zeigt erneut, dass die humanitäre Versorgung der Menschen in Gaza den Terroristen der Hamas vollkommen egal ist", sagte die Grünen-Politikerin am Montag während ihres Besuchs im pazifischen Inselstaat Fidschi. Die Islamistenorganisation zeige damit erneut ihr wahres Gesicht. Es sei ihr nie um die Menschen in Gaza gegangen. "Das Schicksal der Menschen in Gaza ist den Terroristen vollkommen egal."

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