Über 90 Tote im Gazastreifen: Israel will Waffenruhe wieder einhalten
Zusammenfassung
- Über 90 Tote im Gazastreifen nach massiven israelischen Angriffen als Reaktion auf einen Angriff auf Soldaten und Verzögerungen bei der Übergabe getöteter Geiseln.
- Israel wirft der Hamas Verstöße gegen die Waffenruhe vor, während die USA Verständnis für Israels Vorgehen zeigen und den Fortbestand der Waffenruhe betonen.
- Unklarheit über die Zukunft der Waffenruhe, anhaltende Spannungen wegen nicht erfolgter Leichenübergaben und gegenseitigen Schuldzuweisungen.
Die israelische Armee will nach eigenen Angaben die Waffenruhe im Gazastreifen wieder einhalten. Zuvor hatte Israel nach einem tödlichen Angriff auf Soldaten Dutzende Ziele im Gazastreifen bombardiert. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu warf der Hamas Verstöße gegen die Waffenruhe im Gazastreifen vor. Bis in die Früh habe es 91 Tote gegeben, darunter Dutzende Minderjährige, hieß es aus medizinischen Kreisen im Gazastreifen. Die Angaben ließen sich nicht verifizieren.
Israelischer Soldat bei Angriff im Gazastreifen getötet
Israel reagierte mit den heftigen Bombardements auf einen Angriff der Hamas auf israelische Soldaten, bei dem einer getötet wurde, sowie auf Verzögerungen bei der vereinbarten Übergabe getöteter Geiseln. Die Hamas wies eine Verantwortung für den Angriff auf die Soldaten zurück.
Zwei Jahre nach dem Überfall der islamistischen Terrororganisation Hamas und ihrer Verbündeten auf Israel und dem Beginn des dadurch ausgelösten Krieges im Gazastreifen war am 10. Oktober eine Waffenruhe in Kraft getreten.
Israels Verteidigungsminister: Hamas wird hohen Preis zahlen
Eine Erklärung von Israels Verteidigungsminister Israel Katz deutete eigentlich darauf hin, dass es sich nicht nur um ein kurzes Militärmanöver handeln dürfte: "Der heutige Angriff auf israelische Soldaten im Gazastreifen überschreitet eine eklatante rote Linie, auf die Israels Streitkräfte mit aller Gewalt reagieren werden", so Katz. Die Hamas werde "einen hohen Preis zahlen."
Trump: "Wir haben Frieden im Nahen Osten"
Die USA beteuern trotz einer erneuten Eskalation der Gewalt im Gazastreifen den Bestand der Waffenruhe-Vereinbarung zwischen Israel und der Hamas. Nichts werde die Waffenruhe gefährden, sagte US-Präsident Donald Trump auf seinem Weg von Japan nach Südkorea an Bord des Regierungsflugzeugs Air Force One Journalisten.
Trump zeigte Verständnis für Israel. "Die Israelis haben also zurückgeschlagen, und sie sollten zurückschlagen, wenn so etwas passiert", sagte er. Die Hamas sei "nur ein sehr kleiner Teil des gesamten Friedensprozesses im Nahen Osten", sagte der Republikaner. "Wir haben Frieden im Nahen Osten".
Die Hamas habe zugesagt, dass sie sich "benehmen" werde. Falls nicht, werde man sie "sehr leicht ausschalten", fügte Trump hinzu.
US-Vizepräsident JD Vance schien die Entwicklungen zunächst herunterspielen zu wollen. "Der Waffenstillstand hält", so Vance, auch wenn es eben "hier und da zu kleineren Scharmützeln" käme: "Wir gehen davon aus, dass die Israelis reagieren werden, aber ich denke, dass der Frieden des Präsidenten (Trump, Anm.) trotzdem Bestand haben wird."
Vance vermied es, die Verantwortung für die jüngsten Angriffe auf israelische Soldaten eindeutig der Hamas zuzuschreiben. Man wisse, "dass die Hamas oder jemand anderes innerhalb des Gazastreifens" einen Soldaten der israelischen Armee angegriffen habe, sagte er laut dem US-Sender NBC.
Keine Leichen-Übergabe
Die gröbsten Spannungen zwischen beiden Seiten gab es aufgrund der Verzögerungen bei der Übergabe der Leichen getöteter israelischer Geiseln. Ursprünglich hätte die Hamas bereits vor mehr als zwei Wochen insgesamt 28 Leichen übergeben müssen – bisher lieferte sie jedoch nur 13 getötete Geiseln aus. Die Terroristen begründen das mit den schwierigen Bedingungen vor Ort.
Am Montagabend hatte die Hamas erneut eine Leiche übergeben. Nach forensischen Untersuchungen in Israel stellte sich jedoch heraus, dass die sterblichen Überreste nicht zu der genannten Person gehörten – sie waren Körperteile eines ermordeten Israeli, dessen Leiche die Armee bereits im Herbst 2023 nach Israel gebracht hatte. Israels Regierung tobte – und Netanjahu erklärte im Anschluss, sich am Dienstag mit seinem Stab und engen Vertrauten über das weitere Vorgehen beraten zu wollen. Es waren jene "Sicherheitskonsultationen", die Netanjahu letztlich mit dem Angriffsbefehl verließ.
Nach Angaben der Hamas wurde die Leichen von zwei weiteren Geiseln im Gazastreifen geborgen. Das teilte der militärische Arm der Hamas, die Kassam-Brigaden, am späten Abend auf Telegram samt der Namen von zwei Entführten mit. In der Mitteilung steht jedoch nicht, ob die Leichen noch in der Nacht an Israel übergeben werden.
Solange Israel Leichen von vermissten Geiseln nicht offiziell identifiziert hat und die Angehörigen nicht darüber informiert sind, veröffentlichen israelische Medien keine Namen.
Kommentare