Rachemord-Opfer lebendig verbrannt
Die Autopsie des jungen Palästinensers der Opfer eines mutmaßlichen Rachemordes in Jerusalem wurde, hat grausame Details ans Tageslicht gebracht. Ersten Untersuchungen zufolge soll er lebendig verbrannt worden sein. Die Autopsie habe ergeben, dass der 16-Jährige aus dem Ostteil der Stadt an schweren Verbrennungen gestorben sei, sagte der palästinensische Generalstaatsanwalt Mohammed Al-A'wewi am späten Freitagabend der Nachrichtenagentur Wafa.
Der junge Mann war nach der Beerdigung dreier jüdischer Schüler verschleppt worden, die im Westjordanland getötet worden waren. Die Familie des Jugendlichen und Palästinenser-Präsident Mahmoud Abbas sehen den Jugendlichen als Opfer eines Racheaktes. Nach seiner Trauerfeier kam es in Jerusalem zu schweren Auseinandersetzungen zwischen Palästinensern und der Polizei.
Für den Tod der drei Schüler macht Israel die radikal-islamische Hamas verantwortlich. Diese hat sich bisher nicht dazu geäußert. Die Täter sind auf der Flucht. Der Tod der vier Jugendlichen hat Emotionen und Feindseligkeit auf beiden Seiten wieder hochkochen lassen.
Krawalle in Ostjerusalem
Am Freitag hatten militante Palästinenser nach Militärangaben mindestens 18 Raketen auf den Süden Israels abgefeuert. Am frühen Samstagmorgen schlug erneut eine Rakete in Israel ein. Sie habe keinen Schaden angerichtete, berichtete Haaretz. Die Luftwaffe habe einen Angriff auf Khan Yunis im Gazastreifen geflogen.
Gerüchte um Waffenruhe
In den Medien kursierten Berichte über eine bevorstehende Waffenruhe zwischen Israel und der im Gazastreifen herrschenden Hamas. Die palästinensische Zeitung Al-Quds berichtete, Hamas und Israel hätten sich unter ägyptischer Vermittlung auf einen Stopp der Angriffe binnen 72 Stunden geeinigt. Hamas bestehe darauf, dass beide Seiten die Angriffe gleichzeitig einstellten.
Der israelische Fernsehsender Channel 10 meldete noch am Freitag, die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu gebe Ägypten zusätzlich 24 Stunden Zeit zum Aushandeln der Waffenruhe. Außenminister Avigdor Lieberman nannte eine Waffenruhe jedoch "einen schweren Fehler". In der Grenzstadt Sderot sagte er: "Wir müssen diejenigen fassen, die den Terror unterstützen." Die Hamas-Führer Khaled Mashaal und Ismail Haniya nannte er "legitime Zielscheiben".
Alle Zeichen stehen auf Sturm: Die Ermordung dreier entführter israelischer Jugendlicher, gefolgt vom Mord an einem jungen Palästinenser, fällt in eine Zeit mit Umbrüchen im gesamten Nahen Osten. Da heizen der Beginn des Fastenmonats Ramadan und der Sommerferien die Gemüter nur noch weiter an. So sehr, dass die Regierungen auf beiden Seiten die Gefahren erkennen, die auch sie bedrohen: Sie signalisieren Entspannung, versuchen den Hass in den Straßen abzublocken. Aber das Öl, das Sturmwogen glättet, ist ausgerechnet im Nahen Osten rar geworden.
Seit fast drei Wochen häufen sich wieder die Einschläge von Raketen, die aus dem Gazastreifen auf Südisrael abgefeuert werden. Meist ist der Schaden gering. Vier Menschen erlitten bisher Verletzungen. "Wer aber zählt den Schrecken, der bei jedem Alarm den Sirenen folgt?", fragte ein Schulrektor aus Sderot. Am Donnerstag wurde ein Ferienlager getroffen. Wie durch ein Wunder kamen auch hier die Kinder mit dem Schrecken davon. Israels Armee fährt Panzer am Stacheldraht zum Gazastreifen auf. Mit abwiegelndem Begleitton der Armeeführung: "Auf Ruhe reagieren wir mit Ruhe", teilte ein führender General mit. Der Sprecher der militanten islamistischen Hamas, Sami Abu Sughri, macht die Umkehrung des Satzes zu seinem Mantra: "Von uns geht nur Gewalt zu unserer Verteidigung aus."
Radikaler als Hamas
Tatsächlich beobachtet auch die israelische Armee, dass die große Mehrheit der Raketen nicht von Hamas-Zellen abgeschossen wird. Sie beließ es bisher bei gezielten Luftangriffen gegen Einrichtungen der Hamas, die leer standen. Es sind die neuen salafistischen Zellen, die sich auch im Gazastreifen häufen. Wie in Syrien und Irak. Sie haben keine schwere Infrastruktur, die zu bombardieren wäre. Und gerade jetzt könnte eine militärische Bodenoperation die Hamas umso schwerer treffen. Sie hat keine Verbündeten mehr, ihre Raketen-Vorräte nachzufüllen. "Es ist durchaus denkbar, die Hamas in Gaza zu stürzen", meint Ex-Geheimdienstchef Avi Dichter, "was aber kommt danach?" Das so entstehende Machtvakuum würde von den Salafisten gefüllt, sind sich fast alle Experten einig. Auch die Salafisten wollen die Zerstörung Israels.
Sie sind aber weit unberechenbarer und rücksichtsloser. Ein Blick nach Syrien genügt. Auch die zunehmende Gewalt auf den Straßen im besetzten Westjordanland und Ost-Jerusalem wird bedrohlicher. Das Begräbnis des entführten und ermordeten palästinensischen Jugendlichen sorgte am Freitag für Straßenschlachten mit der Polizei.
Hier treffen die Maßnahmen der Armee keine leeren Einrichtungen. Acht Palästinenser wurden in den letzten drei Wochen getötet. Acht allein am Freitag bei Ramallah verletzt. Militärischer Einsatz führt auch hier zu Eskalation. Israels Regierung setzt daher bisher mehr auf den Einsatz von Polizei, Geheimdiensten – und Juristen. Es geht jetzt vor allem darum, die Mörder zu finden. Der israelischen Opfer wie der palästinensischen. Das kann die Lage etwas beruhigen.
Kommentare