„Die mutmaßliche Bestechung von EU-Politikern und das Thema Gaseinkäufe sind zwei verschiedene Sachen“, sagte etwa Deutschlands Vizekanzler Robert Habeck. Zu wichtig sind die Flüssiggaslieferungen (LNG) für europäische Staaten – und Katar besitzt mit dem sogenannten „North Field“ das größte Gasfeld auf der Welt.
In den USA wiederum gilt das Emirat als verlässlicher Partner – sowie als Vermittler: Die US-Streitkräfte betreiben in Katar ihre größte Militärbasis im Nahen Osten, gleichzeitig wurde der Abzug der Truppen aus Afghanistan verhandelt.
Das kommt nicht von ungefähr: Neben massiven Energieeinnahmen will Katar durch seine Vermittlerrolle sowie große Sportevents seine „soft power“ stärken – und damit sein Ansehen. Während die WM vor allem im globalen Süden ein Erfolg war, finden seit Jahren Verhandlungen über regionale Konflikte unter Einbindung Katars statt.
Prägende Figur
Auch mit dem Nachbarn Saudi-Arabien scheinen die gröbsten Konflikte geklärt: 2021 beendeten das Königreich und seine Verbündeten eine vierjährige Wirtschaftsblockade Katars. Der Grund: Katar würde Terrorgruppen wie al-Kaida und den „Islamischen Staat“ sponsern.
Dazu kommt allerdings auch die starke Verbindung zwischen Katar und der Muslimbruderschaft – einer einflussreichen islamistischen Bewegung, die neben Katar stark von der Türkei unterstützt wird. Als einer der einflussreichsten Gelehrten unter den Muslimbrüdern gilt Yusuf al-Qaradawi, prägend für die Politik Katars, der im September dieses Jahres mit 96 Jahren verstarb. Nach seiner Flucht aus Ägypten in den 60er-Jahren kam er in das Emirat, wo er die Ideologie der Muslimbrüder bald zu jener Katars machte.
Qaradawi, empfahl etwa die Todesstrafe für außerehelichen Geschlechtsverkehr und legte Männern nahe, ihre Frauen „leicht“ zu schlagen. „Die Eroberung von Rom, die Eroberung von Italien und Europa bedeutet, dass der Islam wieder nach Europa zurückkehrt. Es ist eine friedliche Eroberung, und diese friedliche Eroberung ist eines der Prinzipien dieser Religion. Ich sehe vorher, dass der Islam nach Europa zurückkehren wird, ohne zum Schwert greifen zu müssen. Das wird über Predigten und Ideen geschehen“, sagte er vor 15 Jahren.
Nahezu der gesamte „Arabische Frühling“ geschah unter Führung oder Mitwirkung der Muslimbrüder, in Ägypten und Saudi-Arabien gilt die Bewegung als Terrororganisation. Umso schöner war es aus katarischer Sicht, als Saudi-Arabiens Kronprinz Mohammed bin Salman ein WM-Spiel mit einem Katar-Schal besuchte. Die Zeichen stehen auf Entspannung.
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