Es ging um Liebe und viel Geld: Militär stürmte riesige Betrugs-Fabrik

Anlage in Myanmar
Sie zählen zu den berüchtigtsten Internet-Betrugszentren der Welt - die Scam-Fabriken in Myanmar. Das Militär schloss diese Woche eine davon, 2.200 sklavenartig gefangene Mitarbeiter wurden befreit.

Mit seinen kleinen, weißen Häuschen und gepflegten Rasenflächen, seinen Kantinen, der Bank und dem Krankenhaus sieht der KK-Park nahe der Grenzstadt Myawaddy eher aus wie der Campus eines Technologieunternehmens als das, was er wirklich ist: ein Zentrum einer milliardenschweren kriminellen Betrugsindustrie, die von Menschenhandel und brutaler Gewalt angetrieben wird. Anfang der Woche stürmte das Militär Myanmars die Anlage, mehr als 2.200 Menschen, die unter sklavenartigen Bedingungen gefangen gehalten waren, wurden befreit. Mehr als 30 Starlink-Satelliten-Internetterminals wurden beschlagnahmt - und das, obwohl das asiatische Land gar keinen Lizenzen für die Satelliten aus dem Reich Elon Musks besitzt.

Entlang der Grenze zu Thailand, im von einer Militär-Junta brutal regierten Myanmar, wuchsen die berüchtigten Scam-Fabriken wie Pilze aus dem Boden.

Betrug gehört hier zum Tages- und Nachtgeschäft. Rund um die Uhr müssen Zehntausende Menschen, meist unter falschen Voraussetzungen ins Land gelockt, an Computern mit ahnungslosen Opfern in aller Welt kommunizieren; sie versuchen, deren Vertrauen zu gewinnen, sie um den Finger zu wickeln und dann um große Geldsummen zu betrügen. Auf Dating-Apps verstecken sich die in Myanmars Scam-Fabriken eingesperrten Betrüger hinter falschen Internetprofilen, Künstliche Intelligenz kommt ihnen bei Konversation und schmeichelnden Worten zu Hilfe.

40 Milliarden Euro eingestreift

Ist das Geld von den verliebten Männern oder Frauen einmal an den vermeintlich hilfsbedürftigen Menschen auf dem Bildschirm (auch meist ein KI-Bild) überwiesen, ist es für immer verschwunden. Allein im asiatischen Raum sollen die Internet-Betrüger im Vorjahr auf diese Weise fast 40 Milliarden Euro eingestreift haben.

Der KK Park war einer der wichtigsten Knotenpunkte im Netzwerk von Online-Betrugsoperationen, das im Speziellen seit der Coronapandemie Myanmar, Kambodscha und Laos umgibt. Die Branche lebt vom Opfer Zehntausender Menschen, die mit dem Versprechen gut bezahlter Jobs angelockt und anschließend praktisch inhaftiert und unter Androhung von Folter oder Schlimmerem gezwungen werden, Opfer auf der ganzen Welt zu betrügen.

Die Betrugsfabriken in der Grenzregion werden nach Ansicht von Analysten typischerweise von chinesischen Verbrechersyndikaten betrieben und oft von myanmarischen Milizen beaufsichtigt. Im Gegenzug erhalten diese Milizen für die Gewährleistung der Sicherheit stillschweigende Unterstützung durch die myanmarische Junta.

Druck auf die Junta wächst

Doch seit die Scam-Fabriken immer riesigere Ausmaße annahmen, wächst der internationale Druck auf die Junta. Besonders China drängte die Behörden in Myanmar, gegen die Internetbetrüger vorzugehen, nachdem der Fall eines chinesischen Schauspielers bekannt geworden war: Wang Xing war für ein gefälschtes Casting nach Thailand gelockt - und dann entführt und in ein Betrügerzentrum in Myanmar verschleppt worden. Erst nach Monaten konnte er entkommen. Er schilderte, wie die Betrüger selbst Opfer wurden: Schläge, Gewalt, Essensentzug, Folter, Prostitution für die Frauen standen auf der Tagesordnung.

Vergangenen Februar kippte schließlich Thailand die Strom-, Internet- und Treibstoffversorgung mehrerer bekannter Betrugszentren in Myanmar entlang der Grenze . Im Zuge folgender Militär-Razzien wurden rund 7.000 Menschen aus den Betrugszentren gerettet. Den meisten waren die Pässe abgenommen worden. Es dauerte Monate, sie alle wieder in ihre Heimatländer zurückzubringen.

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