Monster über der Moldau: Die dunklen Geheimnisse der Prager Burg
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Mehr als 1.000 Jahre steht sie inzwischen auf dem Hügel über der Moldau. „Viel zu hoch oben“, scherzt man in Prag gerne. Darum sei die Luft so dünn und seien die Bewohner allesamt früher oder später nicht ganz klar im Kopf – oder zumindest von bösen Gedanken getrieben.
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Wahrzeichen: Das Innere des Veitsdoms
Bosheit, oft mit Witz gepaart, die hat sich der bisher letzte Hausherr auf dem Hradschin zum Markenzeichen gemacht. Miloš Zeman schlug schon die Präsidentschaftswahl 2013 gegen Karl Schwarzenberg mit einer Kampagne voller Untergriffe, unterstellte seiner Familie Kontakte zu den Nationalsozialisten – und ihm selbst, in Wahrheit gar kein echter Tscheche und Sympathisant der einst hitlertreuen Deutschböhmen zu sein.
Einmal im Amt zog Zeman von der Burg aus mit Leidenschaft seine politischen Fäden. Wischte den Sozialdemokraten, die ihn einst aus der Partei geworfen hatten, bei jeder Gelegenheit eins aus. Sein Sprecher Jiří Ovčáček war berüchtigte Zentralfigur politischer Machenschaften, der auch mit persönlichen Eskapaden wie betrunkenen Taxifahrten ohne Bezahlung für Aufsehen und politischen Ärger sorgte.
Seltsame Mitbringsel
Auch ausländische Staatsgäste wie Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen bekamen Zemans bösen Witz zu spüren. Der Grüne wurde gleich beim Antrittsbesuch in Prag von Zeman als „Kettenraucher“ vorgestellt. Beim Gegenbesuch in Wien brachte Zeman ein paar mit Comiczeichnungen geschmückte Wanderschuhe in die Wiener Hofburg mit.
Es seien wohl die endlos langen Gänge der Burg, die ihre Bewohner auf so seltsame Gedanken bringen würden, mutmaßt der Schriftsteller Jaroslav Rudiš in der FAZ. Václav Havel und sein Kabinettschef Karel Schwarzenberg legten sich Tretroller zu, um die Distanzen zu überwinden. Zu groß aber, so Rudis, sei die Burg auf jeden Fall: „Viel zu groß für unser kleines Land.“ Dort oben würde jeder vereinsamen und zum Sonderling werden.
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Das Palais Lobkowitz
Goldmachen und Magie
Sonderlich geworden sind fast alle Burgherren in Prag, ob sie nun gewählt oder von Gottesgnaden entsandt waren, wie etwa der Habsburgerkaiser Rudolf II. im 16. Jahrhundert. Der zog den Prager Hradschin der Wiener Hofburg vor, übersiedelte in seinen späten Jahren endgültig dorthin. Eine Leidenschaft für Kunst, vor allem mit erotischen Motiven, und Kuriositäten aus aller Welt hatte der Kaiser ein Leben lang.
Im Alter und von Geisteskrankheit geplagt, wurden seine Hobbys immer seltsamer. In einem Labor und unterstützt von Alchemisten, die er auf der Burg ansiedelte, widmete sich Rudolf dem Goldmachen und der Magie.
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Die Goldene Gasse: Hier werkten Rudolfs Alchemisten
Die letzten Habsburgerherrscher ließen Prag und seine Burg links liegen. Nur noch der ebenfalls geistig verwirrte Kaiser Ferdinand I. wohnte gerne dort, als in Wien schon sein Nachfolger Franz Joseph das Sagen hatte. Den Großteil der damals baufälligen und leer stehenden Burg nutzte man als Lager, Gefängnis oder Folterkammer. Entsprechend schaurig waren die Gerüchte über Geister und andere übersinnliche Erscheinungen dort, die sich in Prag verbreiteten.
Mit all dem wollte der erste demokratisch gewählte Präsident der Tschechoslowakei nichts zu tun haben. Dass der überzeugte Gegner der Monarchie, Tomáš Masaryk, zuletzt doch wieder auf der Burg landete, ist seiner Frau Charlotte zu verdanken. Die Amerikanerin begeisterte sich für das feudale Bauwerk und wollte dort residieren.
Nachts auf dem Gang
Glücklich aber sollte Charlotte dort nicht werden. Familiäre Tragödien, wie der Tod eines Sohnes, ließen die engagierte Feministin geisteskrank werden. Von da an irrte die Präsidentengattin nachts über die Gänge der Burg, litt an Angstvorstellungen und starb wenige Jahre später. Masaryk selbst, der die Burg ohnehin nie leiden konnte, legte sich dort ebenfalls zahlreiche körperliche Gebrechen zu.
Noch übler aber spielt die Burg jenen mit, die dort nicht hingehören. So etwa Reinhard Heydrich, der von Hitler eingesetzte Reichsprotektor für Böhmen und Mähren. Der hatte sich in einem Anfall von Größenwahn die böhmischen Kronjuwelen bringen lassen und mit Krone, Zepter und Reichsapfel posiert. Heydrich wurde nur ein Jahr nach seiner Ankunft in Prag Opfer eines Anschlags tschechischer Widerstandskämpfer.
Stalinist mit Syphilis
Mit Staatsterror, Schrecken und Gewalt sollte auch der erste kommunistische Präsident das Land regieren. Der Stalinist Clement Gottwald und seine Frau Marta, eine ehemalige Prostituierte, die sich als „gnädige Herrin“ anreden ließ, versuchten es zwar mit einem pompösen Lebensstil auf der Burg. Doch das ging schon deshalb nicht lange gut, weil der an Syphilis leidende Gottwald rasch geistig und körperlich verfiel. Mit seiner Marta teilte er am Ende nur noch Wahnvorstellungen von Feinden, Umstürzen und Mordplänen. Die Opfer der von Gottwald willkürlich verhängten Massenhinrichtungen sollen heute noch auf der Burg als Geister umgehen.
Rudolf II.
Der Habsburgerkaiser zog sich im Alter in die Burg zurück, um sich dort seinen Sammlungen von Kunst und Kuriositäten, vor allem aber der Alchemie zu widmen. Er betrieb ein eigenes Labor.
Tomáš Garrigue Masaryk
Der erste Präsident der Tschechoslowakei war ein Gegner der Monarchie und wollte nie auf die Burg ziehen. Seine Frau Charlotte überredete ihn. Sie aber wurde dort wahnsinnig.
Clement Gottwald
Der erste kommunistische Präsident litt nicht nur an Syphilis, sondern in Folge auch an wachsender Paranoia. Seine Frau Marta, ehemals Prostituierte, verfiel dafür dem Größenwahn.
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