Ministerin Raab in Berliner Migrations-Hotspot

Ministerin Raab in Berliner Migrations-Hotspot
Integrationsressortchefin Susanne Raab kam zum Antrittsbesuch und Austausch in die deutsche Bundeshauptstadt.

Shisha-Bar, Nagelstudio, Spielcafé, Falafelstand, KunstatelierBerlin-Wedding, ein Stadtteil im Bezirk Mitte mit etwa 87.000 Einwohnern, den manche als nächste Hipster-Hochburg sehen (wobei die Mieten schon anziehen), andere wiederum keinen Fuß reinsetzen würden (weil zu gefährlich). Beide Klischees sind überholt.

Was Ahmad Mansour aber bestätigen kann ist, dass der Migrationsanteil dort überdurchschnittlich hoch sei. Im Vergleich zu anderen Stadtteilen sei das Verhältnis nicht ausgewogen, so der Islamismusexperte und Psychologe seinem Besuch aus Österreich, Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP), bei einem Spaziergang. In manchen Kindergärten betrage der Anteil jener Buben und Mädchen mit Migrationshintergrund bis zu 93 Prozent, während er etwa in Berlin Zehlendorf nur bei zehn Prozent liege.

Keine Lederhosenpflicht

Die Folge: Ein Austausch sei schwer möglich, die Community bleibe unter sich. Das fördere Parallelgesellschaften, sagt Mansour. Wie damit umzugehen sei, stelle auch die deutsche Bundeshauptstadt vor Herausforderungen. Politisch werde dies immer wieder instrumentalisiert, stellt er fest. So wie jetzt, wo ein CDU-Politiker, der in Mecklenburg-Vorpommern kandidiert, wieder eine Debatte zur "Leitkultur" angestoßen habe. Das Thema emotionalisiere, doch meist wissen jene, die es anstoßen, nicht, was es bedeute, so Mansour.

Was er darunter versteht? "Leitkultur ist für mich nicht Lederhose und Feierabendbier, sondern das Grundgesetz", sagt er und erwähnt die Gleichstellung aller Religionen oder die Gleichberechtigung von Mann und Frau. Überhaupt findet er, würde man sich die Debatte ersparen, wenn man den Menschen das klar vermittle.

Mansour, der viel in Schulen unterwegs ist, habe die Erfahrung gemacht, dass die jungen Menschen dort weitaus offener und diskutierfreudiger seien als etwa Politiker. Auch beim Thema Kopftuch, das er persönlich ablehnt, sei es wichtig, darüber zu reden, und den Menschen zu zeigen, "dass man sie ernst nimmt". Als Multiplikatoren bzw. Vorbilder sieht er Lehrerinnen und Lehrer mit Migrationshintergrund an, von denen es in Berlin zu wenig gibt.

Diversität in Berufen

Mit Blick auf Österreich ist für Raab wichtig, "Diversität in allen Bereichen abzubilden". Eine wichtige Rolle sieht sie bei Frauen: Sie seien es, die Werte vermitteln, Bildung weitergeben. Darüber habe sie sich auch in einem Arbeitsgespräch mit der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz (CDU), ausgetauscht. Diese möchte laut Raab aus Österreich Best-Practice-Beispiele sehen - auch mit Blick auf die EU-Ratspräsidentschaft, die Deutschland ab Juli übernimmt und einen Schwerpunkt auf Integration setzen will. Interessensbekundungen gab es auch ein paar Meter weiter im Innenministerium. Nach einem Vier-Augen-Gespräch berichtete Raab, dass sie mit Horst Seehofer (CSU) über das System der Deutschprüfungen in Österreich sprach, also das bundeseinheitliche Zertifikat plus Abnahme der Integrationsprüfung durch das Ministerium.

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