Erdoğan: "Kommunalwahl Ende März wird letzte sein" – wirklich?

Der türkische Präsident unterbrach ein Interview aufgrund gesundheitlicher Probleme, nun kursieren Gerüchte über seinen Gesundheitszustand.
Der türkische Präsident führt das Land seit mehr als zwei Jahrzehnten. Beobachter sind jedoch skeptisch, was einen Rückzug aus der Politik angeht.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat am Freitagabend mit einem Zitat aufhorchen lassen: Er gab an, dass die für 31. März angesetzten Kommunalwahlen in der Türkei seine letzten Wahlen sein würden. Das berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu. "Gemäß dem vom Gesetz gegebenen Mandat ist dies meine letzte Wahl", sagte Erdoğan. "Das Ergebnis wird die Übergabe eines Vermächtnisses an meine Geschwister sein, die nach mir kommen werden", wurde er von Anadolu zitiert.

Erdoğan selbst kandidiert bei der Wahl nicht, ist aber vor allem entschlossen, das seit 2019 von der CHP regierte Istanbul zurückzugewinnen. Erdoğan selbst war in den Neunzigerjahren Bürgermeister Istanbuls. Dort kandidiert diesmal Murat Kurum, ein loyaler Vertrauter Erdoğans, für dessen AKP.

Skepsis bei Beobachtern

Der türkische Journalist Ragip Soylu kommentierte die Ankündigung des Präsidenten auf der Plattform X: "Ich habe das Gefühl, dass Erdogan mit dieser Aussage Emotionen weckt, um mehr Städte im Rennen um das Bürgermeisteramt zu erobern, doch 2028 ist eine wirklich ferne Zukunft. Bis dahin könnte er seine Meinung noch ein paar Mal ändern oder versuchen, die Verfassung zu ändern." 2028 finden in der Türkei die nächsten regulären Präsidentschaftswahlen statt.

Der Politikwissenschafter Hüseyin Çiçek sieht es ähnlich: "Erdoğan hat mehrfach in seiner Karriere angekündigt, nicht mehr zu Wahlen anzutreten. Damit hat er bisher gute Erfolge erzielen können. Er betreibt damit emotionale Wahl-Politik." Bereits bei Wahlen zuvor, etwa 2009 oder 2012, hatte Erdoğan die Bevölkerung aufgerufen, ihm "ein letztes Mal" die Unterstützung auszusprechen.

Im Moment sei ein Rückzug aus der Politik aus einem weiteren Grund sehr unwahrscheinlich: "Seine Nachfolge ist nicht geklärt. Das muss aber geschehen, damit die AKP nicht ins Chaos rutscht, weil es im Moment einige Anwärter gibt. Ein solches Chaos können sich der türkische Präsident und auch die AKP nicht leisten."

Erdoğan, der erfolgreichste Politiker der heutigen Türkei, führt das Land seit mehr als zwei Jahrzehnten. Der 70-Jährige, der seit 2002 mehr als ein Dutzend Wahlen gewonnen hat, wurde 2003 zunächst Ministerpräsident, seit 2014 ist er Staatspräsident. Bei den im Mai 2023 abgehaltenen Präsidentschaftswahlen wurde er für eine fünfjährige Amtszeit wiedergewählt.

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