Sie ist – wie man in England sagt – eine Norland Nanny. Das College in der südenglischen Stadt Bath hat sich als Ausbildungsstätte von Elite-Kindermädchen etabliert, das erfolgreichen Absolventinnen (ab einer Arbeitserfahrung von 8 Jahren) einen Jahresnettolohn von 83.000 Euro in Aussicht stellt.
Es ist jenes Diplom, das Louenna Hood absolviert hat. Die Britin hat in den vergangenen 20 Jahren rund 100 Kinder betreut; darunter Sprößlinge von drei Königsfamilie. Doch seit Kurzem können Touristen in London ihre Dienste dennoch in Anspruch nehmen — vorausgesetzt sie lassen sich in einem bestimmten Londoner Luxushotel nieder: dem Hotel Café Royal.
Treffpunkt der Stars
Schon Prinzessin Diana trat regelmäßig durch den historischen Eingang, nachdem sie im exklusiven und komplett vergoldeten "Grill Room" Afternoon Tea eingenommen hatte (sie trank am liebsten Schwarztee, verrät Kellner Showmo Sultan).
➤ Mehr lesen: Gegen royales Magenknurren: Afternoon Tea in London
In diesem uneinsichtigen, dunkel gehaltenen und üppig gestalteten Café hielt Boxer Mohammed Ali die legendäre Pressekonferenz mit seiner einjährigen Tochter Hannah im Arm (weil die Babysitterin absagte und seien Frau einen Termin hatte) und Rihanna hat hier vergangenes Jahr wohl so ausgelassen gefeiert, wie Kellnerin Yitian Lou mit einem Fingerzeig nach oben verrät, dass nun Rotweinflecken das Deckengemälde im hinteren Ende des Raums zieren.
Louenna Hood kannte das Café seit ihrer Kindheit; schon ihre Mutter war als junges Mädchen hier zum Afternoon Tea gegangen, hatte vielleicht in jener Ecke gesessen, in der einst Premierminister Winston Churchill mit politischen Zeitgenossen diskutierte, Dramatiker Oscar Wilde ein wenig zu viel trank oder der Maler Auguste Rodin feierte, nachdem sein Gemälde St. John Bapitste im Victoria und Albert Museum eingeweiht worden war.
➤ Mehr lesen: Ein teures Stück Identität: Was die britische Schuluniform verlieren könnte
Rezeption entscheidet
Und so war es dieses Hotel an der Regent Street, das zu The Set Collection gehört, die erste Wahl für ihr neues Projekt. „Im Vergleich zu vor 20 Jahren wollen immer mehr Familien ihre Kinder auf Urlaub mitnehmen“„ erzählt sie dem KURIER.
Doch nicht immer laufe das reibungslos – selbst für eine Norland Nanny, die grundsätzlich "perfekt vorbereitet" sind. "Packlisten sind dafür unverzichtbar", verrät Louenna Hood. "Wir vergessen nichts."
Aber man wüsste es dann schon an der Rezeption. Wie verhalte sich das Personal? „Will einen das Hotel hier haben, oder hätten sie es lieber, die Kinder wären nicht mitgekommen?“ Etwas, das Louenna nicht nachvollziehen kann. "Kinder sind doch auch Gäste." Um jene Hotels auszuzeichnen, wertschätzend mit den jungen Gästen umgehen, hat die royale Nanny ein „Tiny Traveller Programme“ erarbeitet.
Die nächste Box dafür wird vom Guest Relations Team der Hotel Café Royal derzeit präpariert. Der babyblaue Hartschalenkoffer mit Roald-Dahl-Buch, Kuschellöwe im Bademantel, Kartenspiel oder auch Rubik's-Cube wird für die Ankunft eines siebenjährigen Mädchens auf ihrem Bett warten. Denn oft sind es die kleinen Gästen, die kleinen Details, die einen entspannen und ankommen lassen.
Auch für die Eltern. „Wenn man zum Beispiel den Spa-Bereich besucht und realisiert, dass man die Schwimm-Windeln vergessen hat und die Rezeptionist unter den Tresen greift und sie einem händigt. Solche Momente machen den Unterschied." Oder: Dass es altersgerechte Speisen gibt, die nicht nur den Kindern schmecken, sondern auch gesund sind.
Fürsorge in der Wiege
Dass sie Nanny werden wollte wusste Louenna Hood übrigens schon als Kind. „Als mein kleiner Bruder sieben Jahre alt, wollte ich quasi seine Mutter sein.“ Sie lacht. „Es muss wohl ziemlich nervig für meine Mutter gewesen sein. Später habe ich meiner Oma geholfen, die in einem Kinderkrippe arbeitet. Ich wollte immer mit Kindern arbeiten, aber ich wollte nie Lehrerin werden. Ich wollte sie ins Bett bringen, füttern, auf sie aufpassen.“
Seit 18 Monaten hat sie dennoch keine Engagements mehr angenommen. Ihre vielleicht größte Aufgabe steht ihr vorbei : Sie ist dabei ein Mädchen zu adoptieren.
Kommentare