Labours Aktion scharf: Drastische Änderungen im Asylrecht Aktion scharf
Er werde niemals, versprach der britische Premierminister Keir Starmer im Sommer 2024, die Europäische Menschenrechtskonvention verlassen. Eine klare Abgrenzung zur konservativen Vorregierung. Eineinhalb Jahre später möchte seine Partei aus dem Abkommen streng genommen zwar nicht austreten – aber Teile davon drastisch neu interpretieren.
Kaum ein Protest war in den vergangenen Monaten auf den englischen Straßen aber auch derart laut, wie jener zum Brandthema Einwanderung. Im September folgten 150.000 Briten dem rechtsradikalen Aktivisten Tommy Robinson durch London; erst Sonntagabend marschierten Hunderte durch Crowborough, wo ein Militärtrainingslager zum Asylheim werden soll.
Fast 40.000 Personen sind heuer auf Schlauchbooten illegal ins Land gekommen; knapp ein Fünftel mehr als im Jahresvergleich. Rund 7 Millionen Euro zahlt die britische Regierung täglich für die Unterbringung von Asylwerbern in Hotels.
39.000 Personen sind heuer in kleinen Schlauchbooten über den Ärmelkanal nach Großbritannien gekommen.
„Illegale Migration“, erklärte Innenministerin Shabana Mahmood, „zerreißt unser Land“. Montagnachmittag präsentierte sie nun die größte Asylrechtsreform seit Jahrzehnten.
Ein Status auf Zeit
Künftig sollen Asylberechtigte dabei bis zu 20, nicht mehr fünf Jahre für einen Antrag zur dauerhaften Niederlassung warten müssen. Geflüchtete werden zudem in ihr Heimatland abgeschoben, sobald dieses wieder sicher ist. Und ähnlich wie Österreich – soll die Familienzusammenführung erschwert werden. Eine Neuinterpretation von Artikel 8 (das Recht auf ein Familien- und Privatleben) dürfte nur mehr unmittelbaren Familienangehörigen wie Eltern oder Kindern die Einreise ins Vereinigte Königreich erlauben.
Ebenso wird sich Großbritannien neun europäischen Ländern, darunter Österreich, dem Vorhaben anschließen, Artikel 3 der Menschenrechtskonvention (Schutz vor unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung) zu reformieren.
Asylsuchende hoffen auf einen Weg nach England.
Mahmood hofft, die Deportation ausländischer Straftäter zu erleichtern. Selbst schwere Straftäter könnte die Labour-Regierung bis dato nicht abschieben, wenn Gesundheitsbedürfnisse nicht erfüllt wurden.
Schmuck beschlagnahmt
Die Maßnahmen gehe weiter: Das Gesetz gegen moderne Sklaverei wird so verschärft, dass kurzfristige Anträge zum Stopp von Abschiebungen verhindert werden. Den drei afrikanischen Ländern Angola, Namibia und der Demokratischen Republik von Kongo wurde mit einem Visumverbot gedroht, wenn sie bei Deportationen nicht kooperieren sollten.
Im ersten Halbjahr 2025 hat die Labour-Regierung rund 36.000 Personen abgeschoben, rund 27.000 gingen freiwillig.
Und zu guter Letzt könnten selbst Autos, Bargeld und Schmuck von Asylwerbern nach dänischem Vorbild beschlagnahmt werden – um damit Bearbeitungskosten zu begleichen. Es würde sich jedoch, betonte Alex Norris aus dem britischen Innenministerium auf Nachfrage, nicht um Eheringe oder emotional wertvollen Schmuck handeln.
„Grausam“
Das für Labour überraschend scharfe Maßnahmenpaket stößt, wenig überraschend, in den eigenen auf herbe Kritik. Labour-Abgeordneten Brian Leishman verspürte ein „echtes Maß an Abscheu“. Parteikollegin Stella Casey findet die Vorschläge „performativ grausam“ sowie „wirtschaftlich falsch eingeschätzt“. Und Mahmoods Rhetorik, ergänzte Tony Vaughan, förderten eine Kultur der Spaltung.
Doch Innenministerium Shabana Mahmood lässt sich von dem Gegenwind (vorerst) nicht verunsichern. Diese Schritte seien ihre moralische Verpflichtung, erklärte sie zum Guardian: „Wenn wir nicht handeln, riskieren wir, die Zustimmung der Bevölkerung für ein Asylsystem insgesamt zu verlieren“.
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