Rekord-Kulisse: Mega-Konzert von rechter Rock-Ikone lockte halbe Million Fans an

Kroatischer Superstar Thompson
Kitsch, Heimatliebe, Kriegsromantik und Anspielungen an das faschistische Ustaša-Regime: Eine halbe Million Fans jubelte in Zagreb für Kroatiens rechte Rock-Ikone Thompson.

Aus Zagreb von Erdin Kadunić

Es war das größte Einzelkonzert, das je in Europa stattgefunden hat -die kroatische Hauptstadt hat Geschichte geschrieben:  Marko Perković, besser bekannt unter seinem Künstlernamen Thompson, hat mit seinem Konzert am Zagreber Hipodrom am Wochenende nicht nur ein musikalisches XXXL-Spektakel abgeliefert, sondern auch sämtliche Besucherrekorde gebrochen. Laut Veranstaltern strömten 504.000 Menschen zum Event – eine Zahl, die weltweit ihresgleichen sucht. Für seine Anhänger war es ein "kroatisches Woodstock", für Kritiker ein fragwürdiges Signal der politischen Symbolik.

Ein Event der Superlative

Organisatorisch war das Konzert eine Mammutaufgabe – logistisch ein Kraftakt. Doch Thompson lieferte ab. Eine gigantische Bühne, aufwendige Lichttechnik, martialische Inszenierungen und ein Meer an kroatischen Flaggen sorgten für Gänsehautmomente bei den Fans. Wochenlang wurde in sozialen Netzwerken spekuliert, organisiert, Tickets gehandelt und Mitfahrgelegenheiten aus der gesamten Diaspora gesucht.

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Thompsons Fans beim Konzert mit kroatischer Flagge

Der kroatische Hipodrom wurde zur Wallfahrtsstätte der Nation, Besucher reisten aus Australien, Deutschland, den USA und ganz Europa an. Hoteliers und Gastronomen der Stadt konnten sich über volle Kassen freuen, ganz Zagreb war im freudigen Ausnahmezustand.

Was Thompson auszeichnet, ist nicht nur seine Musik, sondern auch sein Schweigen. Er gibt kaum Interviews, äußert sich seit einigen Jahren nicht mehr zur Tagespolitik, meidet klassische Medienauftritte. Seine Kommunikation läuft über Facebook und über die Bühne. Doch genau dieses Schweigen lädt zur Interpretation ein – und wird oft von Symbolen begleitet, die polarisieren. Der Künstlername Thompson des 58-jährigen Musikers geht auf die Bezeichnung der Maschinenpistole zurück, die er im kroatischen Unabhängigkeitskrieg 1992 bis 95 benutzte. 

Dass auf seinen Konzerten Parolen wie „Za dom spremni“ ("Für die Heimat - bereit") gerufen werden, ist seit Jahren bekannt. Der Gruß, der auf die faschistische Ustaša-Vergangenheit des Unabhängigen Staates Kroatien im Zweiten Weltkrieg zurückgeht, ist in Kroatien juristisch und gesellschaftlich höchst umstritten. Für Kritiker ist er ein Symbol des Revisionismus, für seine Fans Ausdruck nationaler Identität. Thompson nutzt den Gruß bei seinem Auftritt als Intro zu seinem vielleicht größten Hit, "Cavoglave" - so der Name des Dorfes, aus dem der Sänger stammt und das er im Krieg gegen serbische Kämpfer verteidigte.

Croatian singer Marko Perkovic Thompson poised to break world record for largest paid concert in Zagreb

Thompson rammt sein Bühnenschwert in den Boden

Martialische Bühnenszenen, etwa wenn Thompson ein Schwert in den Bühnenboden rammt, gehören mittlerweile zum festen Repertoire – und werden ebenso hingenommen wie die T-Shirts mit der Aufschrift „Oluja“, in Gedenken an die Rückeroberung des Landes von serbischen Truppen im Sommer 1995.

Der Traum von der Republik der Serbischen Krajina ist längst Geschichte – ausgelöscht durch die Operation „Oluja“, die im August 1995 zur Rückeroberung der von serbischen Kräften besetzten Gebiete führte. Doch wo ein nationalistischer Traum endet, lebt ein anderer still weiter. Diesmal mit Blick über die Grenze: auf die kroatisch dominierten Gebiete in Bosnien und Herzegowina.

Der Gedanke an ein neues „Herceg-Bosna“, eine autonome oder gar abgespaltene kroatische Einheit innerhalb oder außerhalb Bosniens, geistert weiter durch bestimmte politische und gesellschaftliche Kreise. Während viele bosnische Kroaten ihre Heimat bereits verlassen haben und ganze Regionen heute verwaist sind, bleibt bei einigen die Hoffnung, diese Gebiete eines Tages wieder stärker an Kroatien binden zu können – sei es kulturell, wirtschaftlich oder gar territorial. 

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Fast eine halbe Million Besucher beim Konzert in Zagreb

Ein Wunschdenken, das sich selten offen artikuliert, aber in Symbolen, Reden und nostalgischen Erinnerungen fortlebt – nicht zuletzt bei Großveranstaltungen wie Thompsons Konzert, wo Geschichte, Emotion und nationale Identität zu einem machtvollen Cocktail verschmelzen.

Diaspora zwischen Stolz und Distanz

Auffällig bleibt: Während auf der Bühne das Vaterland gefeiert wird, lebt ein Großteil der lautesten Patrioten in der Diaspora – bevorzugt in Deutschland, Österreich oder der Schweiz. Dort, wo die Löhne höher sind und die Perspektiven langfristiger. Für viele war das Konzert auch eine Rückkehr zu den Wurzeln, eine kurze, intensive Identitätsflucht – in ein Land, das man liebt, aber in dem man oft nicht leben will.

So oder so – das Konzert war ein Erfolg. Für die Fans, für Zagreb, für Thompson selbst. Und so sehr sich manche an Symbolik, Historie oder politischer Aufladung reiben mögen – am Ende des Tages zählt für viele nur das Erlebnis. Ein gemeinsames Singen, Schwenken der Fahnen, das kollektive Gefühl, Teil von etwas Großem zu sein.

So beliebt Thompson in seiner Heimat Kroatien ist, wird er doch wegen seiner revisionistischen Positionen in mehreren europäischen Ländern mit Auftrittsverboten belegt, darunter in den Niederlanden, der Schweiz und in Bosnien. 

In Österreich hatte bereits 2007 das Simon-Wiesenthal-Center darauf hingewiesen, dass bei Thompson-Konzerten ultranationalistisches Gedankengut verbreitet werde und manchmal Verbrechen des faschistischen Ustaša-Regimes verherrlicht würden. Ein geplanter Gig des Sängers im Jahr 2017 in Kremsmünster war im letzten Moment wegen der Proteste dagegen abgesagt worden.

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