Frankreichs Kommunalwahlen: Rekordenthaltung überschattet grüne Siege in Großstädten

Frankreichs Kommunalwahlen: Rekordenthaltung überschattet grüne Siege in Großstädten
Fiasko für das Mitte-Lager von Präsident Macron: Grüne und Verbündete erobern mehrere große Städte im Land. 

Lyon, Bordeaux, Marseille – die drei größten Städte Frankreichs nach Paris bekommen voraussichtlich grüne Bürgermeister. Der erwartete Vormarsch der Grünen bei den landesweiten Kommunalwahlen am Sonntag wurde allerdings von einer Rekord-Enthaltung von rund 60 Prozent überschattet.

"Grüne Welle" bei Kommunalwahlen in Frankreich - Macron abgestraft

Der Grün-Trend trug auch zur Wiederwahl mit über 50,2 Prozent der bisherigen SP-Bürgermeisterin Anne Hidalgo bei. Die Sozialistin Hidalgo, die im Bündnis mit den Grünen steht, steuert einen besonders harten Kurs zur Eindämmung des Individualverkehrs, der schon bisher von den Grünen weitgehend mitbestimmt wurde.

51 Prozent für Grüne in Lyon

Möglicherweise noch symbolträchtiger ist der Sieg der Grünen in Lyon, der drittgrößten Stadt Frankreichs, mit fast 51 Prozent der Stimmen. Dort kippte der Polit-Neueinsteiger, der 46 jährige Bernard Doucet, die Vorherrschaft des Teams von Gerard Collomb, einem vormaligen Vertrauten von Präsident Emmanuel Macron. Collomb hatte seit 2001 die wirtschaftlich florierende Stadt geführt.

Doucet, der ursprünglich in einer Hilfsorganisation in Afrika für die Rehabilitierung von Minenopfern tätig war, gilt als typisch für eine neue Generation besonders sachlicher und undogmatischer Grünpolitiker, die die Ängste von Wirtschaftskreisen zu überwinden vermochten. Er gewann jetzt im Verbund mit den örtlichen Sozialisten, die aber zu schwach sind, um relevanten Einfluss auf seinen Kurs auszuüben.

Erstaunliche Erfolge

In Marseille hingegen, gewann zwar mit der Ärztin Michèle Rubirola eine gestandene Grünpolitikerin die relative Mehrheit der Stimmen (rund 40 Prozent), sie steht aber an der Spitze eines sehr breiten Bündnis, indem diverse linke Kräfte den Ton angeben und die Grünen eine eher untergeordnete Rolle spielen.

Besonders erstaunlich ist der Erfolg des Grünkandidaten in Bordeaux. In dieser sehr temperiert gestimmten Stadt übertraf der Grüne laut ersten Auszählungen mit 45,6 Prozent den amtierenden liberal-bürgerlichen Bürgermeister (44,6 Prozent), der selber eine relativ öko-sensiblen Kurs gesteuert hatte und obendrein von der Partei von Präsident Emmanuel Macron unterstützt wurde. Dabei musste der Grünkandidat außerdem mit einer Linksaußen-Liste rivalisieren, die auf fast zehn Prozent gelangte.

Trostpflaster für Macrons Partei

Für die Partei von Präsident Macron, deren Kandidaten meistens scheiterten, gab es ein Trostpflaster: Premierminister Edourd Philippe konnte in der Hafenstadt Le Havre kandidiert, die er vor seinem Amtsantritt als Regierungschef bereits verwaltet hatte, mit fast 60 Prozent einen sehr klaren Sieg erzielen. Allerdings stellt sich die Frage, ob Philippe jetzt die Regierung verlässt, um wieder das Bürgermeisteramt auszuüben. Macron plant nach der Schlappe seiner Partei bei diesen Wahlen und den heftigen Protestbewegungen der vergangenen Jahre eine Art Neu-Start mit einem teilweise ausgewechselten Regierungsteam.

Am Sonntag konnten auch die Sozialisten einige Achtungserfolge und auch Neu-Gewinne erzielen. In der nordfranzösischen Metropole Lille gelang es der SP-Bürgermeisterin Martine Aubry ihre ehemaligen grünen Verbündeten, die diesmal gegen sie angetreten waren, mit einem haarscharfen Vorsprung abzuwehren.

Die Nationalisten von Marine Le Pen, die bisher 10 Kommunen verwalteten, konnten zwar ebenfalls einige Gemeinden erobern, darunter eine einzige größere Kommune, Perpignan in Südost-Frankreich, ein breiterer Durchbruch blieb ihr aber verwehrt.

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