Klima-Countdown #3: In 12 Stunden ist es vorbei

COP27 climate summit, in Sharm el-Sheikh
Um 18 Uhr endet die 27. Klimakonferenz in Sharm el-Sheikh. Zumindest offiziell.

In Ägypten, sagen die Forscher, hat die menschliche Zivilisation begonnen, und die Anzeichen mehren sich, dass sie hier wieder endet.

Ok, das war vielleicht für diese Morgenstunde etwas dick aufgetragen, aber gerade ist der Newsletter von Bloomberg-Green gekommen, und die Kollegen erklären: „Die Verzweiflung innerhalb der Konferenzwände war allgegenwärtig an diesem Donnerstag, die Verhandlungen steckten in einer Sackgasse, eine spürbare Wut über einen ungewöhnlichen Verhandlungstext zum Schlussdokument machte sich breit, und erneut ging das Trinkwasser im Medienzentrum aus. Es war der bisher chaotischste Tag bei der 27. Klimakonferenz.“

Puh, da war ich froh, dass es nicht nur mir so ging. Sonst war ich natürlich nicht froh.

Der Verhandlungstext, für Gourmets hier zum Nachlesen, war deshalb ungewöhnlich, weil für gewöhnlich 36 Stunden vor Ende eines Klimagipfels nicht einfach nur Stichworte zu den einzelnen Themen festgehalten werden. Das Dokument verfehlte jedenfalls, was die eigentliche Aufgabe dieser 27. Klimakonferenz war. Und nix zur Kohle, nix zu den Fossilen.

Österreichs Klimaministerin Leonore Gewessler befundete wenig später: „Diese 20 Seiten, die am Tisch liegen, machen in vielen Bereichen mehr Kontroversen auf, als sie Gräben zuschütten. Wir könnten bei dieser Klimakonferenz in eine Welt vor der Pariser Vereinbarung zurückfallen.“

Man muss jetzt nicht in die Details gehen, aber das Dokument bedeutet vor allem: Das 1,5°C-Ziel ist so  nicht machbar.

Oder, wie der EU-Klimakommissar Frans Timmermans in Richtung des ägyptischen Konferenzpräsidenten Sameh Shoukry meinte: „Come on.“

Shoukry, ein 70-jähriger Diplomat und ägyptischer Außenminister seit 2014, ließ dann gleich wieder aufhorchen: Aber nein, das sei ja gar nicht der Verhandlungstext, der komme erst später. Wenn Sie das lesen, 12 Stunden vor dem offiziellen Ende um 18 Uhr, war jedenfalls noch kein Entwurf da.

Antonio Guterres, der am Donnerstag vom G20-Gipfel in Indonesien zurück nach Sharm el-Sheikh kam, war dann auch gleich unmissverständlich: „Die Welt brennt und ersäuft vor unseren Augen.“ Er wünsche sich, dass sich die Staaten endlich festlegen und verpflichten, mehr zu tun, damit das 1,5°C-Ziel noch erreicht werden kann: „Fossil fuel expansion is hijacking humanity.“

Gut, am späten Donnerstagabend gab es immerhin einen fünfseitigen Entwurf mit drei möglichen konkreten Schritten beim anderen drängenden Thema, bei den Ausgleichszahlungen an ärmere Länder für klimabedingte Schäden. Aber in Wahrheit steht dort, dass das so richtig erst bei der nächsten Klimakonferenz gelöst werden soll. Und damit vom Gastgeberland, den Vereinten Arabischen Emiraten in Dubai. 

Eigentlich war mein Plan, diesen drittletzten Newsletter von der COP mit „Was kommt: Panik“ zu titeln. Aber um es mit Frans Worten zu sagen: „Come on.“ Viel mehr geht an einem Freitagmorgen nicht, das sehe ich ein.

Sonst hätte ich was erzählt über das andere Damokles-Schwert, wie der Klimakrise wohl begegnet werden wird, wenn diese Klimakonferenzen weiter so ergebnislos bleiben: Mit Geo-Engineering, also "vorsätzliche und großräumige Eingriffe mit technischen Mitteln in geochemische oder biogeochemische Kreisläufe der Erde".

Aber das mache ich nicht, von mir erfahren sie nichts von den Plänen gigantischer technischer Eingriffe, um die Sonneneinstrahlung auf die Erde durch Objekte (Folien am Lagrange-Punkt) zwischen Erde und Sonne zu positionieren, die mit der Erde um die Sonne kreisen, und die Sonnenstrahlung vermindern und die Erde so kühlen sollen. Auch nichts zu Plänen, Calciumcarbonat, Schwefel-, Bismut- oder Aluminiumoxid in die Stratosphäre zu blasen, welche Sonnenstrahlen ins All reflektieren und damit die Erwärmung der Erde abschwächen sollen.

Diese Pläne und Ideen gibt es wirklich, wir verschweigen das heute aber besser, und so auch die massiven Warnungen der Forscher, die mögliche unvorhersehbare Effekte befürchten. Nur eines: Sie ahnen sicher schon, wer das höchstwahrscheinlich alles für uns Menschen machen wird:

Wir werden sehen, wie das hier ausgeht. Es war natürlich gelogen, die Konferenz endet zwar heute offiziell um 18 Uhr, aber die Experten hier sind sich ziemlich sicher, dass es bis Samstag oder Sonntag dauern wird. Ein Glück, mein Flug zurück nach Österreich geht in der Nacht auf Montag um 3:40 morgens.

Dann lieber mit einem butterweichen Song in den Tag starten, Ariana Grande schlag´ ich vor, meine Tochter mag sie sehr, mit dem etwas unterschätzen Lied: Don´t look up, wer es nicht kennt, mit diesen sanften Zeilen.

"Look up, what he's really trying to say
Is get your head out of your ass
Listen to the goddamn qualified scientists
We really fucked it up, fucked it up this time
It's so close, I can feel the heat big time
And you can act like everything is alright
But this is probably happening in real time
Celebrate or cry or pray, whatever it takes
To get you through the mess we made
'Cause tomorrow may never come"

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