Wie sich der britische Premier derzeit auf der Weltbühne profiliert

Wie sich der britische Premier derzeit auf der Weltbühne profiliert
Keir Starmer hat in den vergangenen Wochen gewagte Aktionen und starke Bilder gesetzt – das kommt endlich auch beim eigenen Volk gut an.

Es schien bereits aussichtslos. Nach der Streichung des Pensionistenzuschusses, der Geschenkeaffäre, den Bauernprotesten und den jüngsten Entlassungen aufgrund der Steuererhöhungen, waren Keir Starmers Beliebtheitswerte in den Keller gerasselt. Doch nun, in einem der wackeligsten Momente Europas, scheint seine Stärke neu zu erwachen.

Als Keir Starmer Ende Februar US-Präsident Trump einen Besuch im Weißen Haus abstattete, hatte er ein strategisches Ass in der Brusttasche: Vor versammelter Presse zog er einen Brief hervor, in dem König Charles Präsident Trump überraschend zu einem zweiten Staatsbesuch nach Großbritannien einlud – eine Ehre, die bisher keinem Präsidenten zuteilwurde. 

Wie sich der britische Premier derzeit auf der Weltbühne profiliert

Starmer eine königliche Einladung für gute Stimmung beim US-Besuch.

Dabei war bereits Trumps dreitägiger Besuch bei Königin Elizabeth 2019 eine Auszeichnung, die in ihrer 70-jährigen Regentschaft außer ihm nur Barack Obama und Georg W Bush erhalten hatten. 

Charme-Offensive

Man kann Trumps Reaktion – es sei eine „Ehre, dieses „fantastische Land“ zu besuchen – als Platitude aufnehmen. Doch es war auffällig, dass er Starmer danach als „toughen Verhandler“ lobte und  vergessen haben wollte, dass er den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskij zuvor als Diktator bezeichnet hatte.

Natürlich kam Starmers US-Besuch vor dem desaströsen Treffen zwischen Trump und Selenskij. Doch auch hier setzte Starmer starke Bilder: Keine 24 Stunden nachdem der ukrainische Präsident vom amerikanischen des Weißen Hauses verwiesen wurde, schloss der britische Premier ihn in der Downing Street demonstrativ in die Arme. 

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Starmer schloss Selenskij demonstrativ in die Arme.

Wenig später, war es der 62-jährige Keir Starmer, der nach Amerikas angekündigtem militärischen Rückzug aus Europa den eilends einberufenen Sicherheitsgipfel leitete. Und es war schließlich ein britischer Sicherheitsberater, der am Wochenende in die Ukraine reisten, um Selenskij vor den Friedensgesprächen mit den USA in Saudi Arabien diese Woche zu beraten. 

Rot-weiß-blauer Patriot

Die britische Politikprofessorin und Wahlwienerin Melanie Sully überrascht Starmers staatsmännisches Auftreten nicht: „Man muss sich nur ansehen, wie er die Labour-Partei verändert hat, um an die Macht zu kommen: Zielstrebig, hartnäckig und oft ziemlich brutal, um den linken Flügel und Corbyn loszuwerden.“ 

Wie sich der britische Premier derzeit auf der Weltbühne profiliert

Professorin Melanie Sully ist von Starmers Auftreten nicht überrascht

Sully erinnert an Starmers Wahlkampfkampagne, seine Reden: „Da war kein roter Hintergrund (Rot ist die Farbe der Labour-Partei, Anm.), dafür viel Rot-Blau-Weiß. Ein klares Signal, dass er patriotisch ist.“ Und natürlich hat Labour in der Opposition die Linie zur Ukraine unterstützt.

Beim Volk kommt Starmers entschlossenes Auftreten auf der Weltbühne jedenfalls gut an. Während seine generellen Beliebtheitswerte weiter schwach sind, ist seine Zustimmungsrate laut Guardian rasant gestiegen. Rund 30 Prozent der Wähler wünschen sich, dass Labour, „mit Verbündeten gegen Bedrohungen für das Vereinigte Königreich“ vorgeht – nur 18 Prozent wollen die Konservativen in dieser Rolle. 

„Ich bin niemand, der sich in die britische Fahne einrollt“, meinte auch der frühere Sun-Herausgeber David Yelland im BBC-Podcast When It Hits the Fan, „aber ich glaube, ich war noch nie so stolz, Brite zu sein, wie in der letzten Woche.“

Foto-Coup und Fingerspitzengefühl

Keir Starmer versucht sich derzeit nicht als einziger Brite, auf der Weltbühne der Politik zu profilieren. Zwei Tage nach Trumps Eklat mit Selenskij erschien auf dem royalen Instagram-Kanal  ein Foto von König Charles, auf dem er Wolodymyr Selenskij in Sandringham die Hand schüttelte. Das Foto erhielt 625.000 Likes und wurde mehr als 5.000 geteilt.

Doch künftig wird noch mehr Fingerspitzengefühl gefragt sein: „Trumps Staatsbesuch ist angesichts des Tumults im Oval Office nun eine Peinlichkeit”, meint Melanie Sully. „Falls er stattfindet, wird er auf massive Proteste stoßen – ein Pyrrhussieg. Trump war vermutlich auch wenig angetan davon, dass Selenskyj den König getroffen hat – ein Besuch, der offenbar auf Wunsch Selenskyjs von der Regierung angesetzt wurde.“

Ein Machtspiel auf der Weltbühne.

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