Ukraine räumt "extrem schwierige Lage" an der Ostfront ein
Tag 118 im Ukraine-Krieg: Die Ukraine hat Schwierigkeiten bei den Kämpfen im Osten des Landes eingeräumt. Der Gouverneur der Region Luhansk, Serhiy Gaidai, sagte, die Lage entlang der Front sei "extrem schwierig". Die russische Armee habe einige Gebiete eingenommen und genügend Reserven für eine neue Großoffensive gesammelt. Die Nacht auf Dienstag sei allerdings relativ ruhig gewesen, sagte Gouverneur Gaidai. "Es ist eine Ruhe vor dem Sturm", fügte er hinzu.
Auch der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij sagte, es gebe schwierige Kämpfe in Luhansk um die Städte Sjewjerodonezk und Lyssytschansk. Selenskyj hatte eine Verstärkung der russischen Angriffe im Vorfeld des EU-Gipfels am Donnerstag und Freitag vorausgesagt.
In Sjewjerodonezk sind russische Truppen in das Industriegebiet vorgedrungen. Ukrainische Truppen kontrollieren laut Gouverneur Gaidai nur mehr das Territorium des Chemiewerks Azot. Auch umliegende Ortschaften stünden unter ständigem Beschuss.
Im Chemiewerk Azot hielten sich nach Angaben der ukrainischen Vize-Regierungschefin, Iryna Wereschtschuk, zuletzt noch etwa 300 Zivilisten auf. Die Lage ändere sich allerdings ständig, sagte sie nach Angaben der ukrainischen Agentur Ukrinform am Montag. Sollten die dort verschanzten Zivilisten den Wunsch äußern, evakuiert zu werden, werde man versuchen, einen Fluchtkorridor einzurichten, so Wereschtschuk den Angaben zufolge. Am Samstag hatte Hajdaj gesagt, die Zivilisten wollten nicht evakuiert werden, es gebe jedoch ständigen Kontakt.
Im Gegensatz zum Stahlwerk Azovstal in Mariupol soll es in Azot kein ausgedehntes Netz an Luftschutzbunkern geben. Die einzelnen Notunterkünfte seien nicht untereinander verbunden, hatte Hajdaj gesagt. In einem Bunkersystem unter dem Stahlwerk Azovstal hatten ukrainische Verteidiger und Zivilisten noch wochenlang ausgeharrt, als Mariupol schon längst von russischen Truppen erobert war.
Zivile Todesopfer beklagt
Im Osten des Landes wurden indes weitere zivile Todesopfer beklagt. Im Gebiet Donezk seien drei Menschen durch russischen Beschuss getötet worden, teilte Gouverneur Pawlo Kyrylenko auf Telegram mit, zwei weitere wurden demnach verletzt.
Auch der Beschuss auf die ostukrainische Großstadt Charkiw hält an. Dort seien am Montag ebenfalls drei Menschen getötet und zwei weitere verletzt worden, postete Gouverneur Oleh Synjehubow auf Telegram.
In der Region Sumy soll nach Angaben des dortigen Gouverneurs, Dmytro Schywyzkyj, eine Zivilperson getötet und eine weitere verletzt worden sein. Die Angaben sind nicht unabhängig zu prüfen. Auch in Odessa soll es mehrere Verletzte gegeben haben. Dort und in anderen Regionen im Süden der Ukraine griffen russische Truppen am Montag nach Angaben der ukrainischen Agentur Interfax sowie der Online-Zeitung "Ukrajinska Prawda" innerhalb von drei Stunden 14 Mal mit Raketen an.
Angriffe auf Ölförderplattformen
Bei den Angriffen von ukrainischen Streitkräften auf drei Ölförderplattformen vor der Küste der Halbinsel Krim wurden nach Angaben der russischen Behörden drei Menschen verletzt. Sieben würden noch vermisst, erklärte der von Moskau eingesetzte Gouverneur, Sergej Aksjonow, im Onlinedienst Telegram. Zuvor hatte er die Zahl der Verletzten im russischen Fernsehen mit fünf angegeben.
Laut Aksjonow wurden insgesamt 94 Menschen von den Plattformen in Sicherheit gebracht. Die Suche nach den Vermissten werde fortgesetzt.
Das Unternehmen Tschernomorneftegas beutet mehrere Gas- und Ölfelder im Schwarzen und im Asowschen Meer vor der Küste der Krim aus. Es ist der erste gemeldete Angriff auf Offshore-Öl-Infrastruktur der Krim seit Beginn des russischen Militäreinsatzes in der Ukraine Ende Februar.
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