Mit Sicherheit – das wird sie. Denn das Letzte, was die 27 EU-Staaten wollen, sei ein harter Brexit, bestätigte erneut EU-Ratspräsident Donald Tusk. Weil der Ball nun in Brüssel liegt, einen solchen harten Brexit per Monatsende zu verhindern, wird es ohne Zweifel grünes Licht für den längeren Verbleib der Briten in der EU geben.
Und wie lange wird die Verlängerung diesmal dauern?
In seinem mit offensichtlich großem Widerwillen geschriebenen Verlängerungsansuchen, das Premier Johnson schon Samstag Nacht nach Brüssel geschickt hatte, schlug er eine Frist bis 31. Jänner 2020 vor. Ratspräsident Tusk würde dies auch nur zu gerne zugestehen. Dabei könnte es die Möglichkeit geben, dass sich die Briten auch schon früher aus der EU verabschieden. Nämlich ab dem Tag, an dem der Brexit-Deal endlich vom britischen Parlament angenommen ist. Entscheiden müssen dies aber alle 27 EU-Regierungen gemeinsam, sei es mit schriftlicher Zusage oder einem weiteren Sondergipfel. Noch bremsen einige Regierungen, darunter jene in Paris: Dort pocht man auf eine Verlängerung von höchstens zwei Wochen.
Und was genau will Premier Johnson? Wie geht er um mit der Tatsache, dass der Brexit am 31. Oktober nun vom Tisch ist – obwohl er immer das Gegenteil versprochen hat?
Einen Triumph kann Johnson ja verzeichnen: Zum ersten Mal wurde der Brexit-Deal im Parlament am Dienstag mehrheitlich angenommen. So weit ist seine Vorgängerin Theresa May nie gekommen. Doch im Parlament muss es nun weitere Lesungen geben, und dafür haben sich die Abgeordneten mehr Zeit erkämpft. In dieser Zeit könnten viele Abänderungsanträge kommen, die den Brexit weiter verzögern oder vielleicht unmöglich machen könnten. Etwa, wenn ein Antrag durchgehen würde, ein zweites Referendum durchzuführen.
Johnsons Plan scheint deshalb zu sein, auf ganzes Risiko zu gehen: Schnell Neuwahlen ausrufen, für Anfang Dezember, und dann mit einem gestärkten Tory-Parlament den Brexit-Deal durchwinken. Die Umfragen geben Johnson recht: Wahlen würde er locker gewinnen. Die Torys liegen mit 26 Prozent um fast 15 Punkte vor der Labour-Partei.
Diese Rechnung geht ohne die Opposition nicht auf. Wird Labour-Chef Corbyn da mitspielen?
Was immer nun in London geschieht – jetzt liegt der Ball bei Jeremy Corbyn. Will Johnson Neuwahlen durchführen, braucht er eine Zweidrittelmehrheit im Parlament – also auch die Zustimmung des Labour-Chefs.
Aber diese bräuchte Johnson auch für den Fall, dass er den Brexit-Deal in den kommenden zwei, drei Wochen durchs Parlament boxen will. Die Schwierigkeit dabei ist: Corbyn ist extrem schlecht darin, sich zu entscheiden. Neuwahlen will auch Corbyn – Labour aber weiß nicht, was für sie besser ist: Wahlgang vor oder nach dem Brexit.
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