Nach Israels Militärcoup ist die Houthi-Miliz geschwächt, aber noch lange nicht geschlagen

Huthi-Anhänger protestieren in Sana'a gegen Israel wegen der Angriffe und des Gaza-Krieges.
Nachdem die israelischen Streitkräfte gleichsam die gesamte Regierungsriege der jemenitischen Kämpfer ausgeschaltet haben, schwören diese Rache.

Mehr als 2.000 Kilometer  trennen Israel und den Jemen – und dennoch bekämpfen einander die beiden Staaten erbittert. In einer scheinbar endlosen Spirale folgt Luftschlag auf Luftschlag. Wobei den israelischen Kräften – wohl basierend auf Spezialaufklärung des Auslandsgeheimdienst Mossad – jüngst ein besonders spektakulärer Coup gelang: Bei einem Präzisionsangriff in der Hauptstadt Sanaa wurde in der Vorwoche der Premierminister der mit dem Iran verbündeten schiitischen Houthi-Miliz gezielt getötet. Und mit ihm fast das gesamte Kabinett der international nicht anerkannten Regierung der Houthis. Bei dem Begräbnis zu Wochenbeginn schworen die Islamisten, die die Hauptstadt und rund ein Drittel des Landes kontrollieren, Rache.

Am Austausch von Feindseligkeiten werde der Schlag wenig ändern, zumal er eher als „symbolisch“ zu werten sei, wie der Jemen-Experte der International Crisis Group, Ahmed Nagi, dem "Wall Street Journal" sagte. Die Attacke demonstriere zwar die Fähigkeiten Israels, zeit- und zielexakt zuschlagen zu können, doch der Regierungschef und das Kabinett fungierten eher als Fassade. Die wahre Macht liege anderswo. So habe Mohammed Muftah hinter den Kulissen schon länger die Agenden im Büro des Premierministers übernommen – und nach dessen Tötung jetzt auch ganz offiziell.

Ein Mann mit Kufiya und Schärpe nimmt an einer Beerdigung in Jemen teil.

Mohammed Muftah übernahm nun offiziell die Führung in der international nicht anerkannten Regierung der Houthis

Die Houthis, die sich selbst „Ansar Allah“ (Gottes Helfer) nennen, haben nach dem Einmarsch Israels in den Gazastreifen als Folge des Überfalls der Hamas am 7. Oktober 2023 Israel gleichsam den Krieg erklärt.

Einerseits schicken sie regelmäßig Raketen und Drohnen, um Ziele in dem Mittelmeerstaat anzugreifen. Die meisten werden zwar abgefangen, doch im Mai dieses Jahres schlug ein Geschoß ganz in der Nähe des internationalen Airport Ben Gurion ein – und versetzte die Luftfahrtbranche in Angst und Schrecken. 

Angriffe im Roten Meer

Eine Karte zeigt Jemen, das Rote Meer und die Golf von Aden.

Andererseits attackieren Houthi-Kämpfer Handelsschiffe im Roten Meer, die im Verdacht stehen, den Handel mit Israel zu befördern. Spektakulär dabei – der Angriff auf die „Magic Seas“ vom Juli: Maskierte Männer kaperten den Frachter, der unter liberianischer Flagge kreuzte, brachten Sprengladungen an und versenkten den Riesenkahn.

Jemens Huthi-Miliz greift das Schiff Magic Seas im Roten Meer an.
Ein rotes Schiff namens „Magic Sea“ wird von Explosionen auf dem Meer getroffen.
Ein Blick auf den Untergang des liberianischen, griechischen Massengutfrachters MV Magic Seas, der vor dem Jemen angegriffen wurde.

Die Huthis, die gerne martialisch mit Krummsäbel und automatischen Gewehren auftreten, gehören zu einem Stammesverband aus dem bergigen Norden des Jemen, hart an der Grenze zu Saudi-Arabien. Ihre Wurzeln hat die Miliz in den 1990er-Jahren, als ein Abgeordneter die  Vorgänger-Organisation 1994 gründete – um sich gegen die Politik des damaligen Staatspräsidenten Ali Abdullah Saleh zu wenden.

Mit Beginn des Arabischen Frühling 2011 forderten die Houthis noch vehementer Autonomierechte ein, was schließlich drei Jahre später in einen bewaffneten Aufstand gegen die Zentralgewalt in Sanaa unter Staatschef Abed Rabbo Mansur Hadi mündete.

Unterstützt vom Iran errang die Miliz rasch Erfolge. Nur das entschiedene Eingreifen einer Militärallianz unter der Führung Saudi-Arabiens verhinderte den kompletten Kollaps der bisherigen Regierungsmacht. Ergebnis des Stellvertreterkrieges zwischen Teheran und Riad (auch um die Vormachtstellung in der Region): Die Teilung des Jemen, der jetzt eben zu einem Drittel von den Houthis kontrolliert wird.

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