Bürgermeister unter Verdacht: Venedig versinkt im Korruptionssumpf

Bürgermeister unter Verdacht: Venedig versinkt im Korruptionssumpf
Venedigs Stadträte und selbst der Bürgermeister sollen Immobilien der Stadt verscherbelt zu haben - zum eigenen Nutzen. Einige sitzen nun in Hausarrest und U-Haft.

Seit Tagen herrscht in Venedig Aufregung, wegen eines sich von Tag zu Tag ausweitenden Korruptionsfalls. Mehrere Beamte und Stadträte um Bürgermeister Luigi Brugnaro wurden suspendiert, einige unter Hausarrest gestellt – und Stadtrat Renato Boraso, einer der engsten Mitarbeiter des Bürgermeisters, sitzt zusammen mit einem Unternehmer sogar in U-Haft. Damit nicht genug: Auch gegen Brugnaro selbst laufen Ermittlungen.

Boraso ist ein alteingesessener Mitte-rechts-Politiker, er soll gegen Schmiergeld öffentliche Besitztümer unter Marktpreis verkauft haben. Am Donnerstag hat er vom Gefängnis aus seinen Rücktritt verkündet. Der eklatanteste Fall betrifft den venezianischen Palazzo Papadopoli. Er soll für 10,7 Millionen Euro verkauft worden sein, der Marktpreis lag aber bei etwa 14 Millionen. Dafür soll Boraso vom Käufer, Ching Chiat Kwong, aus Singapur 73.200 Euro kassiert haben, offiziell für Beratungen von Borasos Firma Stella Consulting – Dienstleistungen, die es laut Ermittlungen nie gab.

Und dann ist da noch der Bürgermeister. Wie Telefonaufzeichnungen bestätigen, wusste er von Borasos unlauteren Geschäften, soll ihn sogar gewarnt haben: „Ich warne dich, pass auf, du musst dich zügeln.“ Ausgeschlossen ist auch nicht, dass Borasos Machenschaften auch ihm zugute hätten kommen sollen. Der Palazzo-Papadopoli-Deal könnte als Türöffner für ein weitaus lukrativeres Geschäft gedient haben – den Verkauf eines Grundstücks im Privatbesitz des Bürgermeisters zwischen der Lagune und Mestre. Auch daran war der Unternehmer aus Singapur interessiert. Zwar wurde daraus nichts, der Verdacht eines unlauteren Geschäfts ist aber nicht vom Tisch.

Schon vor 2014 hatte Venedig mit einem Riesen-Korruptionsfall zu tun, beim Bau des Hochwasserabwehrsystems Mose waren Schmiergelder in Millionenhöhe geflossen. Man könnte schlussfolgern: Alle 10 Jahre wieder. Andrea Affaticati, Mailand

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