Israels Polizeiminister: "Noch heute den ganzen Gazastreifen besetzen"
Itamar Ben-Gvir, Minister für Nationale Sicherheit in Israel
Zusammenfassung
- Israels Polizeiminister Ben-Gvir fordert bei einem Tempelbergbesuch die Wiederbesetzung des Gazastreifens und die Ausrottung der Hamas.
- Israel plant laut Medienberichten ein großes Auffanglager für palästinensische Kriegsvertriebene im Gazastreifen und fördert die "freiwillige" Emigration.
- Ministerpräsident Netanjahu zeigt sich nach der Veröffentlichung von Geiselvideos durch Hamas und Islamischer Dschihad tief bestürzt und versichert fortgesetzte Bemühungen zur Befreiung.
Bei einem Besuch auf dem Tempelberg in Jerusalem hat der rechtsextreme israelische Polizeiminister Itamar Ben-Gvir zu einer Wiederbesetzung des Gazastreifens aufgerufen.
In einem am Sonntag veröffentlichten Video äußerte Ben-Gvir sich zu jüngsten Videos ausgehungerter israelischer Geiseln im Gazastreifen.
"Hamas muss ausgerottet werden"
"Die von der Hamas veröffentlichten grausamen Videos sollen Israel unter Druck setzen", sagte Ben-Gvir darin und bezog sich dabei auf neue Aufnahmen, die die Hamas am Samstag veröffentlicht hatte. Darauf ist der Geiselnehmer Evyatar David in einem Tunnel zu sehen, wie er gezwungen wird, sein eigenes Grab zu schaufeln.
"Ich sage das ganz bewusst von hier – vom Tempelberg, wo wir bewiesen haben, dass Souveränität möglich ist –, dass eine deutliche Botschaft gesendet werden muss: Der gesamte Gazastreifen muss besetzt, die Souveränität erklärt, die Hamas ausgerottet und die freiwillige Auswanderung gefördert werden. Nur dann werden wir die Geiseln zurückholen und den Krieg gewinnen.“
Israel wird immer wieder vorgeworfen, eine "ethnische Säuberung" des umkämpften Küstenstreifens zu planen. Anfang Juli wurde bekannt, dass Israels Verteidigungsminister Israel Katz die Planung eines riesigen Auffanglagers für 600.000 vom Krieg vertriebene Palästinenser im südlichen Gazastreifens angeordnet hat. Katz sprach von einer "humanitären Stadt" auf den Trümmern der im Gaza-Krieg zerstörten Stadt Rafah. Laut Times of Israel sollen später dann alle der mehr als zwei Millionen Bewohner Gazas dort hinein. Wer einmal eingelassen wird, darf die "humanitäre Stadt" nicht mehr verlassen.
Das Lager soll somit auch dazu dienen, den Emigrationsplan für die Palästinenser umzusetzen. "Denn der wird kommen", zitierten Medien, deren Vertreter bei dem Briefing anwesend waren, Minister Katz. Israelische Regierungsvertreter hatten in der Vergangenheit mehrfach angekündigt, die "freiwillige" Emigration eines bedeutenden Teils der Bevölkerung von Gaza voranzutreiben.
Besuch am Tempelberg
Ben-Gvirs Besuch auf dem Tempelberg kam anlässlich des jüdischen Fasten- und Trauertags Tisha B'av. An dem Tag erinnern Juden an die Zerstörung der beiden antiken Tempel in Jerusalem. Der Minister für Nationale Sicherheit betete dabei auch demonstrativ, wie auch schon in Jahren zuvor - eine Aktion, die durchaus als provokativ bezeichnet werden kann. Denn: Der Tempelberg in der Jerusalemer Altstadt steht unter muslimischer Verwaltung, während Israel für die Sicherheit zuständig ist. Laut einer Vereinbarung mit den muslimischen Behörden dürfen Juden die Anlage besuchen, dort aber nicht beten. Dagegen gibt es jedoch immer wieder Verstöße, die nicht geahndet werden. Dies wird von Palästinensern als Provokation wahrgenommen, weil sie es als Zeichen israelischer Bestrebungen sieht, mehr Kontrolle über die heilige Stätte zu erlangen. Ben-Gvir möchte jüdischen Menschen mehr Zugang zu dem Gelände ermöglichen.
Der Tempelberg (Al-Haram al-Scharif) mit dem Felsendom und der Al-Aqsa-Moschee ist die drittheiligste Stätte im Islam. Für Juden ist der Tempelberg mit der Klagemauer die heiligste Stätte, weil an dem Ort früher zwei jüdische Tempel standen.
"Tiefe Bestürzung" bei Netanjahu
Nach der Veröffentlichung von Videos ausgehungerter Geiseln durch islamistische Palästinenserorganisationen hat sich der israelische Regierungschef Benjamin Netanyahu entsetzt geäußert. "Der Ministerpräsident hat seine tiefe Bestürzung über die von den Terrororganisationen Hamas und Palästinensischer Islamischer Jihad veröffentlichten Aufnahmen zum Ausdruck gebracht", erklärte Netanjahus Büro in der Nacht auf Sonntag.
Er habe den Familien versichert, "dass die Bemühungen um die Rückkehr aller unserer Geiseln fortgesetzt werden und ohne Unterlass weitergehen werden".
Netanjahu bezog sich auf Videos der seit Oktober 2023 gefangen gehaltenen Geiseln Rom Braslavski und Evyatar David, welche die Hamas und der Islamische Jihad in den vergangenen Tagen verbreitetet hatten. Der israelische Regierungschef habe "lange" mit Angehörigen Braslavskis und Evyatars gesprochen, hieß es aus dem Büro Netanjahus. "Die Grausamkeit der Hamas kennt keine Grenzen."
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