Druck der USA: Israel will Gaza-Hilfen aufstocken, CIA-Chef reist zu Geisel-Gesprächen
Israel will nach Druck aus den USA "sofortige Schritte" zur Erhöhung der humanitären Hilfe für die kriegsgebeutelte Zivilbevölkerung im Gazastreifen ergreifen. Laut einer Mitteilung des Büros von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu würden vorübergehend der Hafen von Ashdod im Süden Israels sowie der Grenzübergang Eretz im Norden des Gazastreifens geöffnet. Außerdem wurde die erweiterte Einreise von Hilfsgütern aus Jordanien über den Grenzübergang Kerem genehmigt, hieß es.
Diese unmittelbaren Maßnahmen für mehr humanitäre Hilfe für die Zivilbevölkerung des Gazastreifens seien bei einer Sitzung des Sicherheitskabinetts am späten Donnerstagabend beschlossen worden, hieß es in der israelischen Erklärung weiter. "Diese verstärkte Hilfe wird eine humanitäre Krise verhindern und ist unerlässlich, um die Fortsetzung der Kämpfe zu gewährleisten und die Ziele des Krieges zu erreichen", zitierte die israelische Zeitung "Haaretz". Der Grenzübergang Eretz war seit seiner Zerstörung während des Großangriffs von palästinensischen Extremisten auf Israel am 7. Oktober geschlossen.
Biden und Netanyahu
Die Ankündigung erfolgte kurz nach einem Telefonat zwischen US-Präsident Joe Biden und Netanyahu. In dem Gespräch hatte Biden den israelischen Regierungschef nach Angaben des Weißen Hauses aufgefordert, eine Reihe "spezifischer, konkreter und messbarer Schritte" zu unternehmen, um das Leid für die Menschen im Gazastreifen zu verringern und den Schutz von Helfern zu erhöhen. Die künftige US-Politik in Bezug auf den Gazastreifen hänge davon ab, wie Israel diese Maßnahmen umsetze, warnte Biden.
Dazu wollen die USA einem Medienbericht zufolge den indirekten Verhandlungen über die Freilassung israelischer Geiseln im umkämpften Gazastreifen zum Durchbruch verhelfen. Wie der gewöhnlich gut unterrichtete israelische Journalist Barak Ravid am Freitagmorgen im Nachrichtenportal "Axios" unter Berufung auf zwei mit der Angelegenheit vertraute Quellen berichtete, soll CIA-Direktor William Burns an diesem Wochenende zu Gesprächen nach Kairo reisen. Dort spricht er demnach mit dem Chef des israelischen Auslandsgeheimdiensts Mossad, David Barnea, sowie ranghohen Vertretern Katars und Ägyptens, um die Freilassung der von der Hamas im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln zu erwirken.
Es war das erste Mal, dass die USA eine Unterstützung für die israelische Offensive gegen die radikal-islamische Hamas von Bedingungen abhängig machten. Die Regierung in Washington hat sich in den vergangenen Wochen zunehmend ungehaltener über das israelische Vorgehen geäußert. Zuletzt hatte sie einen israelischen Luftangriff scharf kritisiert, bei dem Anfang der Woche Mitarbeiter einer Hilfsorganisation im Gazastreifen getötet worden waren.
Das US-Präsidialamt begrüßte die Entscheidung der israelischen Regierung für mehr Hilfslieferungen in den Gazastreifen nunmehr umgehend. Wie die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates, Adrienne Watson am Donnerstag (Ortszeit) in einer Erklärung mitteilte, hatte Netanyahu die Schritte nach dem Telefongespräch mit Präsident Biden angekündigt. "Diese Schritte, einschließlich der Zusage, den Hafen von Ashdod für die direkte Lieferung von Hilfsgütern in den Gazastreifen zu öffnen, den Grenzübergang Eretz als eine neue Route zu öffnen, über die Hilfsgüter in den nördlichen Gazastreifen gelangen können, und die Lieferungen aus Jordanien direkt in den Gazastreifen deutlich zu erhöhen, müssen nun vollständig und rasch umgesetzt werden", teilte Watson mit.
Die US-Regierung sei bereit, in Abstimmung mit der israelischen Regierung, den Regierungen Jordaniens und Ägyptens, den Vereinten Nationen und humanitären Organisationen zusammen zu arbeiten, um die Umsetzung sicherzustellen. Ziel sei es, dass in den kommenden Tagen und Wochen deutlich mehr humanitäre Hilfe die notleidende Zivilbevölkerung im Gazastreifen erreiche.
An den Plänen für einen temporären Hafen im Meer vor dem Küstengebiet halten die USA auch nach dem tödlichen Luftangriff auf sieben humanitäre Helfer im Gazastreifen fest. Der Vorfall habe keinen Einfluss auf die Bemühungen, den Pier zu errichten, um Hilfsgüter über den Seeweg zu liefern, hatte es bereits am Mittwoch aus dem US-Außenministerium in Washington geheißen. Man wolle mit dem Vorhaben so schnell wie möglich voranschreiten. Die USA hatten im März die Errichtung des Piers mit internationalen Partnern angekündigt, um größere Hilfslieferungen zu ermöglichen.
Zu Wochenbeginn hatte das israelische Militär sieben Mitarbeiter der Hilfsorganisation World Central Kitchen im Gazastreifen getötet, die dort für die Versorgung der Menschen mit Lebensmitteln unterwegs waren. Israel sprach von einem unabsichtlichen Treffer und einem schweren Fehler. US-Präsident Biden machte der dortigen Führung schwere Vorhaltungen und betonte, Israel habe nicht genug getan, um humanitäre Helfer und die Zivilbevölkerung im Gazastreifen zu schützen.
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