Warum Israel gegen die Ernennung Jerichos als Welterbe ist

UNESCO Weltkulturerbe Jericho
Das israelische Außenministerium sieht die Entscheidung als ein "weiteres Anzeichen für den zynischen Gebrauch der UNESCO durch die Palästinenser".

aus Tel Aviv Norbert Jessen

Jericho ist die tiefstgelegene Stadt der Welt. Dank des Jordan-Flusses und ständig sprudelnder Quellen ist die Palmenoase nördlich des Toten Meeres auch eine der ältesten Städte der Welt. So verwundert die Ernennung zum Weltkulturerbe durch die "Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur" (UNESCO) niemanden. Israels Regierung jedoch reagierte empört. Denn laut UNESCO gehört die Uralt-Stätte zu "Palästina".

Für Machmud Abbas, den Präsidenten der Palästinensischen Autonomie (PA), "eine wichtige Entscheidung, die die Echtheit und die Geschichte des palästinensischen Volkes bestätigt". Israels Regierung hingegen sieht einen erneuten Versuch, die "jüdische Geschichte aus den Annalen des Landes Israel zu verdrängen".

Wie so oft in Nahost haben beide Seiten Recht. Oder diesmal eher Unrecht.

Die Ausgrabungsstätte Tell es-Sultan im Norden Jerichos geht 13 Jahrtausende zurück in die Steinzeitgeschichte. Hebräer, Kanaaniter oder auch Philister mit irgendwelchen historischen, sprich biblischen Ansprüchen treten erst Jahrtausende später auf. Darum beschränkte sich der palästinensische Antrag diplomatisch auf Anerkennung als "Weltkultur" auf die "neolithische Vergangenheit" der Grabungen. Sonst wäre der Vorwurf einer Geschichtspolitisierung zu erwarten.

PALESTINIAN-ISRAEL-UNESCO-HERITAGE

Die UNESCO hat Ruinen nahe der antiken Stadt Jericho als Welterbe der Palästinenser anerkannt. Israel kritisiert die Organisation dafür. 

Der große Streitpunkt ist eben der: Jericho mit seinen Ausgrabungen liegt im palästinensisch kontrollierten Gebiet. Dadurch führt praktisch die PA die Aufsicht, obwohl die Oslo-Abkommen 1993 (bis zu einem endgültigen Frieden) die vorläufige Verantwortung den israelischen Besatzungsbehörden übertrug. Die PA setzt ihre Aufsicht nur nachlässig um, was immer wieder zu Anmahnungen israelischer Archäologen führt. Auch in Tell es-Sultan. Und vor allem an Stätten mit ausschließlich jüdischer Vergangenheit.

Lauter Protest von Siedler-Lobby

Wie gleich nebenan beim Herodes-Palast in Jericho, oder neben der Al-Aksa-Moschee in Jerusalem, wo auf dem Tempelberg Raupenfahrzeuge Erde wie Bauschutt einfach auf die Müllkippe schütteten. Die UNESCO beschrieb 2017 diesen Ort, der drei Religionen heilig ist, offiziell als ausschließlich moslemisch. Eine Politisierung, nach der die USA und Israel die Organisation verließen. Laut israelischem Außenministerium sei die Entscheidung zu Jericho ein "weiteres Anzeichen für den zynischen Gebrauch der Organisation UNESCO durch die Palästinenser und eine Politisierung der Organisation".

Der lauteste Protest in Israel gegen den UNESCO-Beschluss kommt in Israel von der Siedler-Lobby. Auch sie berief sich dabei "auf Oslo". Als jedoch diese Abkommen vor einer Woche 30 Jahre alt wurden, betonte gerade diese Lobby noch ausdrücklich: "Oslo ist tot." Israelische Archäologen der Gruppe "Emek Schawe", die eine Politisierung der Archäologie verhindern will, begrüßten den UNESCO-Beschluss. Sie kritisierten die Reaktion der Regierung Netanjahu als unprofessionell "im Rahmen ihrer Kampagne einer schleichenden Annexion der besetzten Gebiete."

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