Israel setzt in der Region erneut massiv auf militärische Stärke

Ehe der US-Sondergesandte für den Nahen Osten, Steve Witkoff, geplanterweise heute, Mittwoch, in der Region eintreffen soll, schafft Israel Fakten: Mit vielfältigen Demonstrationen der Macht soll signalisiert werden, wer hier das Sagen hat.
Jüngster Vorstoß: Eine breit angelegte militärische Operation im palästinensischen Westjordanland. Erstmals seit rund 20 Jahren stießen die israelischen Streitkräfte mit Panzer vor. Im Visier stehen vor allem die Städte Dschenin und Tulkarem, genauer gesagt die dort lokalisierten Flüchtlingslager. „Bis jetzt wurden 40.000 Palästinenser aus den Lagern evakuiert“, sagte Verteidigungsminister Israel Katz.

Der israelische Inlandsgeheimdienst Shin Bet spricht von einem „Anti-Terror-Ensatz“, nachdem in der Vorwoche Bomben in drei (leer stehenden) Bussen nahe Tel Aviv explodiert waren. Und Katz versicherte, dass die Truppen „im Verlauf des kommenden Jahres“ in den Flüchtlingssiedlungen bleiben würden.“
Auch Kinder getötet
Hintergrund: Die beiden genannten Städte samt den Lagern gelten seit je her als Hochburgen militanter Extremisten. Vor allem nach dem Terrorüberfall der Hamas auf Israel vom 7. Oktober 2023 stieg auch die Gewalt im besetzten Westjordanland stark an. Bei Auseinandersetzungen mit Israel wurden laut palästinensischen Angaben 800 bis 900 Menschen getötet, islamistische Kämpfer, aber Zivilisten und Kinder ebenso.

Auch was den Gazastreifen anbelangt, hat Israel die Gangart verschärft. Nachdem die Hamas vergangenen Samstag im Rahmen des Waffenstillstandsabkommens erneut sechs Geiseln übergeben hat – darunter den österreichischen Staatsbürger Tal Shoham –, weigert sich Premier Benjamin Netanyahu im Gegenzug, die zugesagte Freilassung von 620 palästinensischen Gefangenen umzusetzen.
Seine Begründung: Die Inszenierung und Machtdemonstration der Terroristen bei den Übergaben, die enden müssten – bei gleichzeitiger Drohung: Man sei jederzeit bereit, die Kämpfe wieder aufzunehmen.
Kampfjets über Trauerfeier
Das gilt offenbar auch für den Libanon. Dort hat sich die israelische Armee nach vorangegangenen kriegerischen Auseinandersetzungen mit der Schiiten-Miliz Hisbollah zwar bis auf fünf grenznahe Positionen vollständig zurückgezogen, dennoch wurden am Tag der Trauerfeier für den getöteten Hisbollah-Chef Nasrallah am Sonntag heftige Luftangriffe gegen mutmaßliche islamistische Stellungen im Süden des Landes geflogen. Auch bei der Zeremonie in einem Stadion in Beirut zeigten Israels Streitkräfte Muskeln: Kampfjets und Drohnen donnerten im Tiefflug darüber.
Was Syrien nach dem Sturz von Diktator Bashar al-Assad anbelangt, hat Israel ebenfalls klare militärische Vorstellungen. So fordert man eine Demilitarisierung von Gebieten südliche der Hauptstadt Damaskus. Weder Truppen der (siegreichen) Islamistenmiliz Haiat Tahrir al-Sham (HTS) noch jene der neuen syrischen Armee dürften in dieser Region stationiert sein.
Zudem werde man auf dem Berg Hermon und in der eigentlich von der UNO zu verwaltenden, demilitarisierten Pufferzone „auf unbegrenzte Zeit“ militärisch präsent sein – obwohl die neuen Machthaber des Landes den raschen Abzug der israelischen Verbände fordern.
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