Österreicher Tal Shoham und fünf weitere Hamas-Geiseln frei

Österreichische Hamas-Geisel Tal Shoham freigelassen und wieder mit Familie vereint.
Insgesamt wurden sechs israelische Geiseln freigelassen - im Gegenzug sollen mehr als 600 Palästinenser freikommen.

Zusammenfassung

  • Tal Shoham wurde nach 505 Tagen Geiselhaft von der Hamas freigelassen.
  • Die Freilassung erfolgte im Rahmen eines Abkommens, das den Austausch von Geiseln gegen palästinensische Häftlinge vorsieht.
  • Österreich dankte internationaler Unterstützung, insbesondere von Katar, Ägypten und den USA, für die Freilassung.

Die Hamas hat am Samstag im Gazastreifen den Österreicher Tal Shoham und fünf weitere Geiseln an das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) übergeben. Fünf Männer sind mittlerweile in Israel. Dort würden sie medizinisch untersucht, ehe sie ihre Angehörigen träfen, teilte das israelische Militär mit. 

Die sechste Geisel wurde am frühen Nachmittag freigelassen. Im Gegenzug kommen 602 Palästinenser aus israelischen Gefängnissen frei, darunter 50 lebenslänglich Verurteilte.

Freilassung am Samstag

Vermummte und bewaffnete Hamas-Kämpfer in Uniformen inszenierten die Übergabe erneut mit einer Bühne, lauter Musik und palästinensischen Fahnen. Schoham wurde gezwungen, einige Worte zu sagen. Mittlerweile sind die beiden Männer in einer Erstaufnahmestelle im Süden Israels angekommen. Dort würden sie zunächst medizinisch untersucht, ehe sie ihre Angehörigen wiedersehen, teilte das israelische Militär mit.

Österreicher Tal Shoham und fünf weitere Hamas-Geiseln frei

Die Hamas hat am Samstag den Österreicher Tal Shoham und die Langzeitgeisel Avera Mengistu freigelassen

"Unermessliche Freude und Erleichterung"

"Heute um 12:05 Uhr, nach 505 Tagen Gefangenschaft im Gazastreifen – das sind über 40 Millionen unendliche Sekunden in Geiselzeit – konnten wir endlich unseren Sohn, Ehemann und Vater, Tal Shoham, sicher und wohlbehalten in die Wärme seiner Familie auf dem Militärstützpunkt der israelischen Streitkräfte (IDF) zurückholen. Die Freude und Erleichterung, die wir empfinden, sind unermesslich", teilt die Familie mit. 

"Wir sind Österreich unendlich dankbar für die unglaubliche Unterstützung, die wir in dieser Zeit erhalten haben", heißt es weiter. Besonderer Dank gelte dem ehemaligen Bundeskanzler Karl Nehammer, dem amtierenden Bundeskanzler Alexander Schallenberg, dem Sondergesandten Peter Launsky-Tieffenthal, dem österreichischen Botschafter in Israel, Nikolaus Lutterotti und Papst Franziskus.

Österreicher Tal Shoham und fünf weitere Hamas-Geiseln frei

Tal Shoham mit seinem Vater Gilad Korngold auf dem Flug von der Militärbasis Re'im zum Krankenhaus in Zentralisrael 

"Mit der Familie gebangt, gehofft und gewartet"

Erleichtert über die Freilassung von Shoham zeigte sich auch das Außenministerium in Wien: "505 Tage lang haben wir mit der Familie gebangt, gehofft und gewartet. Wir sind unglaublich erleichtert und überglücklich, dass Tal Shoham endlich freigelassen wurde und nun zu seiner Familie zurückkehren kann. Wir wünschen Tal und seinen Lieben, dass sie das Erlittene gemeinsam fernab der Öffentlichkeit verarbeiten können", hieß es in einer Aussendung am Samstag.

Österreich habe sich seit dem 7. Oktober 2023 auf allen politischen und diplomatischen Ebenen sowie im Sicherheitsbereich intensiv für die Freilassung von Shoham und der anderen Geiseln eingesetzt. Bundeskanzler und Außenminister Schallenberg sowie sein Vorgänger Nehammer (beide ÖVP) seien dazu in engem, vertrauensvollen Kontakt mit Partnern aus der Region gewesen. Der Dank Österreichs gelte allen Partnern, insbesondere Katar, Ägypten und den USA, denen man für die enge Zusammenarbeit danken möchte, so das Außenministerium weiter.

Österreicher Tal Shoham und fünf weitere Hamas-Geiseln frei

Tal Shoham wird von seiner Familie nach langer Zeit wieder in die Arme geschlossen. 

Verwandte kamen bereits frei

Shoham, ein israelisch-österreichischer Doppelstaatsbürger, war eine von rund 250 Geiseln, die die Hamas im Zuge des Terrorangriffs am 7. Oktober 2023 aus Israel entführt hatte. 

Er war aus dem Kibbutz Be'eri gemeinsam mit mehreren Familienmitgliedern verschleppt und über 16 Monate im Palästinenser-Gebiet festgehalten worden. Seine Ehefrau und die beiden kleinen Kinder, die deutsche Staatsbürger sind, sowie weitere Verwandte kamen bereits am 25. November 2023 im Zuge eines Austausches frei.

Kibbuz in Israel: Frauenleiche ist die von Shiri Bibas

Unterdessen wurde eine am Freitagabend von der Hamas übergebene Frauenleiche identifiziert. Der Kibbuz Nir Oz bestätigte am Morgen, es handle sich um die Leiche der verschleppten Geisel Shiri Bibas. Die sterblichen Überreste der Deutsch-Israelin hätten eigentlich zusammen mit denen ihrer beiden kleinen Söhne am Donnerstag an Israel übergeben werden sollen. In dem Sarg, den die Hamas an dem Tag an das Rote Kreuz ausgehändigt hatte, befand sich jedoch die Leiche einer anderen, unbekannten Frau. Die Terrororganisation räumte später einen möglichen Irrtum ein. Die Vertauschung - ob wissentlich oder versehentlich - hatte in Israel große Empörung ausgelöst.

Schon in der Nacht auf Freitag hatte die israelische Armee den Tod von Shiris beiden kleinen Kindern Ariel und Kfir Bibas bestätigt. Sie seien bereits im November 2023 von den Kidnappern ermordet worden. Nach Darstellung der Hamas waren sie bei einem israelischen Luftangriff getötet worden.

Freilassung von drei Geiseln vorgezogen

Die Hamas ließ drei der sechs Geiseln früher als geplant frei. Drei Männer sollten gemäß dem Waffenruhe-Abkommen ursprünglich erst kommendes Wochenende freigelassen werden. Die Islamisten wollten, dass die Freilassung Dutzender hochrangiger Mitglieder der Terrororganisation aus israelischen Gefängnissen nicht in letzter Minute scheitert, berichteten mehrere Medien. Laut der US-Nachrichtenseite Axios gibt es sowohl aufseiten der palästinensischen Terrororganisation als auch innerhalb der israelischen Regierung Befürchtungen, dass die erste, sechswöchige Phase der Waffenruhe nicht wie verabredet bis Anfang März halten könnte - und wichtige Forderungen dann unerfüllt bleiben.

Seit Beginn der Waffenruhe im Gaza-Krieg am 19. Jänner hatten Islamisten im Gazastreifen in mehreren Runden bisher 19 Geiseln freigelassen. Zusätzlich kamen fünf aus Israel entführte Thailänder unabhängig von der Vereinbarung frei.

Erste Phase des Deals soll offiziell in einer Woche enden

Das mehrstufige Abkommen zwischen Israel und der Hamas sieht vor, dass während einer ersten, sechswöchigen Phase nach und nach insgesamt 33 Geiseln, darunter acht Tote, im Austausch gegen 1.904 palästinensische Häftlinge freikommen. Vier weitere Leichen sollen laut Hamas kommende Woche übergeben werden. Damit wird der Austausch von Geiseln gegen Inhaftierte der ersten Phase abgeschlossen. Die erste Phase des Deals soll offiziell in einer Woche enden.

Berichten zufolge haben beide Kriegsparteien bisher, anders als vorgesehen, noch keine ernsthaften Verhandlungen über die zweite Phase der Vereinbarung geführt. Ob sie zustande kommt, ist ungewiss. Sie soll zu einem endgültigen Ende des Krieges sowie zur Freilassung der noch verbliebenen Geiseln führen. Im Gazastreifen werden noch mehr als 60 Geiseln festgehalten, etwa die Hälfte davon ist nach israelischen Informationen nicht mehr am Leben.

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