IS für Trump besiegt: "Ein Obama-mäßiger Fehler"

Ranghohe Republikaner sehen in Trumps angekündigten Truppenabzug aus Syrien einen fatalen Irrtum.

Mit seiner Entscheidung für einen Truppenabzug aus Syrien stößt US-Präsident Donald Trump auf Kritik und Unverständnis in der eigenen Partei. Republikanische Senatoren und Abgeordnete bezeichneten den Schritt als schweren Fehler und warnten vor bösen Folgen eines überstürzten Rückzugs - auch für die Sicherheit der USA. Von den Demokraten kam ebenfalls Kritik. Die russische Regierung begrüßte Trumps Entschluss dagegen.

Die US-Regierung hatte am Mittwoch überraschend den Truppenabzug verkündet. Man habe bereits damit begonnen, Soldaten aus Syrien abzuziehen, teilte das Weiße Haus mit. Die USA hätten das "territoriale Kalifat" der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) besiegt. Das bedeute nicht, dass die weltweite Koalition im Kampf gegen den IS oder ihre Kampagne beendet sei. Nun beginne aber die nächste Phase dieses Einsatzes.

"Zeit, nach Hause zu kommen"

Trump selbst schrieb auf Twitter: "Wir haben den IS in Syrien geschlagen, das war der einzige Grund, während der Trump-Präsidentschaft dort zu sein." In einer Videobotschaft auf Twitter verteidigte er sein Vorgehen am Mittwochabend (Ortszeit): "Wir haben gegen den IS gewonnen", sagte er. "Nun ist es Zeit für unsere Soldaten, nach Hause zu kommen." Sie seien Helden.

Trump soll seine Entscheidung weder mit Außenminister Mike Pompeo noch mit Verteidigungsminister James Mattis abgestimmt haben. Die New York Times schrieb, Vertreter des Pentagons hätten bis zuletzt vergeblich versucht, Trump von seinem Entschluss abzubringen. Regierungsvertreter erklärten auf Nachfragen von Journalisten, der Zeitplan für den Abzug werde noch erarbeitet. Auch andere Fragen zu Details blieben unbeantwortet.

IS für Trump besiegt: "Ein Obama-mäßiger Fehler"

US-Militärfahrzeuge in der nordsyrischen Stadt Manbidsch (Bild vom März 2017).

Die USA haben in Syrien etwa 2.000 Soldaten, die offiziell zur Ausbildung und Beratung der syrischen Oppositionstruppen dort sind.

South Carolinas republikanischer Senator Lindsey Graham - zuletzt eigentlich ein eifriger Verteidiger Trumps - beklagte sich in diversen Tweets über die Entscheidung des Präsidenten. Der IS sei keineswegs besiegt. Ein Abzug der US-Truppen sei ein großer "Obama-mäßiger Fehler" und helfe dem IS bei seinem Bestreben, sich in der Region wieder auszubreiten.

Brisante Aufforderung

Mike Huckabee, Republikaner und Ex-Gouverneur von Arkansas, schrieb auf Twitter: "Ich will die Truppen auch zuhause haben, aber Syrien abrupt zu verlassen ist Betrug an den Kurden, die sich geopfert und Blut vergossen haben für die Amerikaner (…)." Es mache auch die syrischen Christen extrem verwundbar, Trum solle seine Entscheidung überdenken, fordert Huckabee eindringlich. Pikant: Seine Tochter ist Sarah Huckabee Sanders, die Sprecherin des Weißen Hauses.

Der republikanische Senator aus Florida, Marco Rubio, sprach von einem überstürzten Abzug und einem schrecklichen Fehler, der das Land noch auf Jahre verfolgen werde. Colorados republikanischer Senator Cory Gardner rief Trump dazu auf, von seiner Entscheidung abzurücken. Auch Republikaner im Repräsentantenhaus äußerten sich besorgt und irritiert.

Frankeich: IS "nicht von der Landkarte"

Der Islamische Staat ist auch nach Ansicht Frankreichs nicht besiegt. Der IS sei schwächer als je zuvor, twitterte Ministerin Florence Parly am Donnerstag. Er sei aber "nicht von der Landkarte gelöscht" und müsse "endgültig militärisch besiegt" werden. Anders als die USA will Frankreich seine Militärpräsenz in Syrien vorerst aufrechterhalten.

Sicherheitsexperten: Waghalsiger Schritt

Die Frontfrau der US-Demokraten in der Kammer, Nancy Pelosi, bezeichnete es als voreilig, einen Sieg über den IS zu verkünden und die US-Truppen aus Syrien abzuziehen. Auch diverse Sicherheitsexperten sprachen von einem unüberlegten und waghalsigen Schritt. Dieser spiele dem syrischen Machthaber Bashar al-Assad, dem Iran und Russland in die Hände. Aus Moskau kam prompt Lob für Trumps Entschluss.

Nach einem Rückzug der US-Truppen könnte der Weg frei werden für eine neue Militäroffensive der Türkei. Die Regierung in Ankara droht schon seit langem mit einer weiteren Operation gegen die kurdische Miliz YPG in Syrien. Die Türkei sieht in ihr einen Ableger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und bekämpft diese.

Kurden in Angst

Wegen des wohl bevorstehenden Abzugs warnen die Kurden vor einer möglichen Massenflucht von IS-Kämpfern. Ein türkischer Angriff und Chaos in dem Land könnten dazu führen, dass Tausende Dschihadisten aus Gefangenenlagern entkommen, sagte Abdel Karim Umar, ein Sprecher des Militärbündnisses Syrische Demokratische Kräfte (SDF), am Donnerstag. Die Kämpfer könnten für deren Heimatländer zu einem "großen Problem" werden.

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