Pakistan-Indien: Pakistanischer Premier will auf Angriffe reagieren

Indien hatte in der Nacht mehrere Ziele in Pakistan und im pakistanisch kontrollierten Teil der Unruheregion Kaschmir angegriffen. Nach Angaben des pakistanischen Militärs wurden dabei 26 Menschen getötet und 46 weitere verletzt, was zu den schwersten Kämpfen zwischen beiden Staaten seit mehr als 20 Jahren führte. Beide Seiten meldeten getötete Zivilisten.
Der Jahrzehnte alte Konflikt zwischen den Atommächten ist damit erneut eskaliert. International wird Zurückhaltung gefordert.
Der pakistanische Armeesprecher Ahmed Chaudry sprach von 24 indischen Angriffen auf sechs unterschiedliche Orte in Pakistan. Unter den dabei getöteten Zivilisten sei auch ein dreijähriges Mädchen.
Auf indischer Seite stürzten nach Angaben aus Sicherheitskreisen unterdessen drei Kampfjets ab. Zwei der Abstürze ereigneten sich demnach in dem indischen Territorium Jammu und Kaschmir, ein drittes Flugzeug ging im indischen Bundesstaat Punjab zu Boden.
Indischer Angriff
"Operation Sindoor": Reaktion angekündigt
Pakistans Premierminister Shehbaz Sharif hat nach einer Sitzung des Sicherheitskabinetts eine Reaktion auf den indischen Angriff auf pakistanische Ziele angekündigt. Pakistan behalte sich das Recht vor, in Selbstverteidigung zu einem Zeitpunkt, an einem Ort und auf eine Weise seiner Wahl zu reagieren, sagte der Politiker am Mittwoch in Islamabad laut einer Mitteilung.
"Die pakistanischen Streitkräfte sind ordnungsgemäß ermächtigt worden, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen."
Sharif sprach von einem "offenkundigen Kriegsakt". Pakistan erklärte zudem, fünf indische Kampfjets abgeschossen zu haben. Indien bestätigte diese Angabe zunächst nicht. Zudem informierte Pakistan den UNO-Sicherheitsrat über sein Recht, angemessen auf die indische Aggression zu reagieren. Bei einem der indischen Angriffe in Pakistan wurden nach Angaben der islamistischen Extremistengruppe Jaish-e-Mohammad zehn Verwandte ihres Anführers Masood Azhar getötet. Die Regierung in Neu-Delhi sprach von einem Angriff auf Terrorziele.
Indien bestritt die pakistanischen Vorwürfe, zivile Ziele bei seinen Angriffen auf das Nachbarland attackiert zu haben. Es seien Terroristenlager in Pakistan angegriffen und zerstört worden, sagte ein indischer Militärsprecher. Dabei habe es sich um Rekrutierungs- und Indoktrinationszentren sowie Ausbildungs- und Waffenlager für Terroristen und Abschussvorrichtungen für Angriffe gehandelt. Die Ziele seien auf Basis von Geheimdienstinformationen so ausgewählt worden, um Schaden für Zivilisten und an ziviler Infrastruktur zu vermeiden.
Spannungen verschärft
In Islamabad kam das Sicherheitskabinett zusammengekommen, um über Pakistans weiteres Vorgehen im Konflikt mit Indien zu beraten, wie es aus Kreisen des Außenministeriums und des Geheimdienstes hieß. Die Ergebnisse werde Pakistans Premierminister Sharif nach der Sitzung verkünden, hieß es weiter.
Die indische Botschaft in Washington erklärte unterdessen, der nationale Sicherheitsberater Ajit Doval habe die USA kurz nach Beginn der Angriffe über deren Verlauf informiert. Doval habe hierüber mit seinem US-Amtskollegen Marco Rubio gesprochen. Rubio erfüllt seit der Entlassung von Sicherheitsberater Mike Waltz auch dessen Funktion.
Die Spannungen zwischen den benachbarten Atommächten Indien und Pakistan hatten sich in den vergangenen Tagen nach und nach weiter verschärft. Im Grenzgebiet lieferten sich Soldaten beider Seiten in den vergangenen Tagen wiederholt Schusswechsel.
Konflikt in Kaschmir
Auslöser der Eskalation war ein Anschlag im indischen Teil Kaschmirs im April, für den Indien muslimische Extremisten aus Pakistan verantwortlich macht. Die Regierung in Islamabad bestreitet eine Verwicklung. Mehrere Fluggesellschaften strichen Flüge nach Indien und Pakistan. Flughäfen und der Luftraum wurden gesperrt. Pakistan schloss nach den Angriffen aus Indien seinen Luftraum für 48 Stunden, wie ein Sprecher der zivilen Luftfahrtbehörde der Deutschen Presse-Agentur mitteilte.
Eines der Ziele, welche die der indischen Armee nun ins Visier nahm, war eine Moschee in Bahawalpur in der pakistanischen Provinz Punjab. Sie wird laut dem indischen Geheimdienst von mehreren Gruppen genutzt, die in Verbindung mit der dschihadistischen Bewegung Lashkar-e-Taiba (LeT) stehen. Die LeT wird unter anderem für die Anschlagsserie mit 166 Toten in der indischen Metropole Mumbai im Jahr 2008 verantwortlich gemacht.
Die Provinzbehörden von Punjab - wo fast die Hälfte der 240 Millionen Pakistaner leben - ordneten für Mittwoch die Schließung aller Schulen an.
Korrespondenten der Nachrichtenagentur AFP hörten im von Pakistan kontrollierten Teil Kaschmirs sowie in Punjab mehrere laute Explosionen. Über Srinagar, der Hauptstadt des indischen Teils von Kaschmir, waren Kampfjets zu hören.
UNO-Aufruf zur Deeskalation
Die Vereinten Nationen riefen unterdessen zur Deeskalation auf. UNO-Generalsekretär António Guterres sei "sehr besorgt über die indischen Militäreinsätze jenseits der Demarkationslinie (in Kaschmir) und der Landesgrenze", erklärte sein Sprecher Stéphane Dujarric. Guterres rufe zu "größter militärischer Zurückhaltung beider Länder" auf, die Welt könne sich "keine militärische Konfrontation zwischen Indien und Pakistan leisten".
US-Präsident Donald Trump äußerte am Dienstag in Washington die Hoffnung, dass die Spannungen "sehr bald enden" würden. Nach Angaben aus pakistanischen Militärkreisen telefonierte US-Außenminister Rubio nicht nur mit dem indischen, sondern auch dem pakistanischen nationalen Sicherheitsberater. Im Onlinedienst X schrieb Rubio, er behalte die Lage "aufmerksam" im Blick und werde "weiterhin mit der indischen und pakistanischen Führung auf eine friedliche Lösung hinarbeiten".
Auch China und Russland forderten beide Seiten zur Zurückhaltung auf. Man bedauere die Militäraktion Indiens und sei über die Entwicklung der Lage besorgt, teilte ein Sprecher des Außenamtes in Peking mit. China fordere beide Seiten auf, Frieden und Stabilität Vorrang einzuräumen und weitere Handlungen zu vermeiden, die die Lage verkomplizieren würden. Während das chinesisch-indische Verhältnis unter anderem wegen Grenzkonflikten im Himalaya-Gebirge als äußerst angespannt gilt, unterhält Peking enge Wirtschaftsbeziehungen zu Pakistan.
Man sei sehr besorgt wegen der sich verschärfenden militärische Konfrontation zwischen Indien und Pakistan, teilte das russische Außenministerium in Moskau mit. Russland verurteile jede Form von Terrorismus. Russland unterhält zu beiden Staaten gute Beziehungen.
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