Impf-Musterknabe Serbien ringt mit vierter Krankheitswelle
Serbien, der europäische Impf-Musterknabe, ringt mit der bereits vierten Coronavirus-Welle seit dem Ausbruch der Pandemie vor gut einem Jahr. Wenngleich im Balkanland mit knapp sieben Millionen Einwohnern bisher gut 1,3 Millionen Menschen eine erste Impfdose erhalten haben und knapp 880.000 auch schon die zweite verabreicht wurde, liegt die Zahl der neuen Krankheitsfälle hoch. Am Dienstag wurden 5.476 Neuerkrankungen gemeldet, 36 Menschen starben nach einer Corona-Infektion.
Seit dem Ausbruch der Pandemie wurden landesweit über 561.300 Krankheitsfälle gemeldet. Der regierungseigene Krisenstab hatte vor einer Woche die Schließung von Gastgewerbe und großen Einkaufszentren beschlossen. Die Maßnahme ist weiterhin in Kraft. Einem kompletten Lockdown ist nicht nur die Wirtschaft und Gastgewerbe abgeneigt, auch Präsident Aleksandar Vucic warnte kürzlich, dass eine zweiwöchige Schließung das Land zusätzliche 500 Mio. Euro kosten würde. Wirtschaftsexperten teilen nicht die Meinung und glauben, dass die Zahlen bedeutend niedriger liegen würden.
Auch wenn der Impf-Prozess eigentlich gut läuft, ist es evident, dass sich die Behörden noch bessere Resultate wünschen würden. Denn am Vakzin fehlt es im Lande nicht. Der meist verbreitete Impfstoff ist das chinesische Sinopharm-Vakzin. Bisher hat das Land bereits zwei Millionen Dosen erhalten, eine weitere Million wird schon Anfang April erwartet. Diese Woche wurden auch 100.000 Dosen vom russischen Sputnik-V-Vakzin und knapp 56.000 Dosen von Pfizer-Vakzin geliefert worden.
Während das medizinische Personal auf die erneut fast voll ausgelasteten Corona-Abteilungen der Krankenhäuser hinweist und zur Impfung aufruft, tauchten in der Öffentlichkeit wieder einmal Spekulationen darüber auf, warum sich der Staatschef Aleksandar Vucic noch immer nicht impfen ließ. Wie kritische Medien errechneten, hat Vucic bisher bereits zehnmal seine unmittelbare Impfung in Aussicht gestellt. Zuletzt, als er Kritik am geplanten EU-Impf-Pass übte. In Belgrad wird befürchtet, dass das chinesische und russische Vakzin den Bürgern Serbiens Auslandsreisen erschweren könnten.
Es sehe so aus, als ob der Präsident nicht an das Vakzin glauben würde, oder aber Angst vor der Spritze habe, kommentierte Epidemiologe Zoran Radovanovic gegenüber dem TV-Sender "N1" am Dienstagabend. In einem Land wie Serbien, in welchem der Staatschef an seinen verfassungsmäßigen Befugnissen vorbei über alles Mögliche entscheidet, wäre seine Impfung ein ganz klares Signal an die Bevölkerung, glaubt man in Beobachterkreisen.
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