Aufgrund der vielen Anfragen wurde das Seminar auf den 10. Februar verschoben. „So kann sichergestellt werden, dass die Veranstaltung informativer und nützlicher für alle Teilnehmer wird“, heißt es in der Mail, die Reuters vorliegt. Die Houthis würden sich außerdem über Ideen und Input der Unternehmen freuen, um „die Diskussion zu bereichern“.
Die islamistische Rebellengruppe betreibt ein organisiertes System, welches das Rote Meer während des Gaza-Konfliktes de facto zu einer Mautstraße gemacht hat. Schiffe, die die Meerstraße durchfahren wollen, mussten per E-Mail um eine Genehmigung bitten. Die Korrespondenz mit den Houthis wird von den Reedereien als äußerst höflich und freundlich beschrieben.
Oft sind die Genehmigungen mit einer obligatorischen Zahlung verbunden, die einer Maut für das Rote Meer gleichkommt. Laut einem Bericht der Vereinten Nationen sollen die Houthis auf diese Weise rund 180 Millionen US-Dollar pro Monat erpresst haben – etwa die Hälfte ihrer Gesamteinnahmen. Dazu hat die Gruppe ein komplexes Bankensystem aufgebaut, durch das die Erpressungsgelder fließen.
Entsprechend überrascht waren viele Analysten, als die Houthis den Waffenstillstand in Gaza zum Anlass nahmen, nur mehr Schiffe mit Verbindung zu Israel anzugreifen und solche auf die USA und Großbritannien einzustellen. Die Miliz hat ihre Aktivitäten im Roten Meer immer als Reaktion auf die Offensive Israels in Gaza ausgeschildert. Trotzdem verzichten sie damit potenziell auf über zwei Milliarden US-Dollar im Jahr, wenn man dem Bericht der Vereinten Nationen Glauben schenken darf.
Die Houthis versprechen, westliche Schiffe ohne Verbindung zu Israel zu schonen. Viele westliche Reedereien haben daran aber Zweifel. Man beobachte die Situation, habe es aber nicht eilig, zum Roten Meer zurückzukehren, sagen die Transportgiganten Maersk und Hapag-Lloyd. Bisher ist noch keine westliche Reederei zum Roten Meer zurückgekehrt. Sie vertrauen den Versprechen der Houthis nicht. Die Vergangenheit gibt ihnen Recht.
Die Houthis haben schon oft Schiffe ohne Verbindung zu Israel angegriffen, unter der Begründung, eine solche Verbindung würde bestehen. Das könnte daran liegen, dass die Houthis mit veralteten oder falschen Informationen gearbeitet haben: Die Gruppe verwendet oft überholte Datenbanken. Die Experten der Vereinten Nationen vermuten aber auch ein anderes, ein finanzielles Motiv: Nicht selten haben die Houthis Schiffe aus freundlich gesinnten Staaten angegriffen oder erpresst.
Auch wenn die Houthis sagen, dass sie Schiffe ohne Bezug zu Israel nicht mehr angreifen, könnten sie trotzdem opportunistisch bleiben, schreiben Noam Raydan und Farzin Nadimi vom Washington Institute, einer Denkfabrik. Westliche Reedereien befürchten, die Houthis könnten die Angriffe jederzeit wieder fortsetzen. Die Miliz droht damit, dies zu tun, falls die USA oder Großbritannien ihre Stellungen wieder bombardieren oder der Waffenstillstand im Gaza fällt.
Um keine Erpressungsgelder zahlen zu müssen, sind westliche Reedereien auf alternative Handelsrouten ausgewichen, meist über Afrika und das Kap der Guten Hoffnung. Die Kosten für die zusätzliche Zeit und den extra Treibstoff belaufen sich auf rund 175 Milliarden US-Dollar pro Jahr, schätzt der britische Economist. Zudem gehen Container in den stürmischen Gewässern der afrikanischen Küste verloren. Damit würden sich die Transportkosten pro Container insgesamt mehr als verdoppeln – Kosten, die auf den Endverbraucher abgelegt werden. Auch Ägypten leidet unter der Krise: Sieben Milliarden US-Dollar an Gebühren für die Nutzung des Suezkanals sind dem Land bisher entgangen.
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