Holocaust-Gedenken mit Warnung vor Rechtspopulismus

Gedenken in Auschwitz-Birkenau
Heute ist weltweit der Holocaust-Gedenktag begangen worden. Ein Auschwitz-Überlebender befürchtet, "dass unser Leiden umsonst war". AfD-Mann Höcke sorgte für Eklat.

Mit Aufrufen gegen Fremdenhass und Rassismus ist am heutigen Freitag weltweit der Holocaust-Gedenktag begangen worden. Im ehemaligen NS-Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau, dessen Befreiung sich zum 72. Mal jährt, warnten Überlebende vor rechtspopulistischen Bewegungen in vielen Ländern Europas.

"Was derzeit auf der Welt passiert, zeugt für uns davon, dass unser Leiden und was wir im Lager erlebt haben, umsonst war", sagte der ehemalige Häftling Stanislaw Zalewski. Die polnische Regierungschefin Beata Szydlo betonte, dass die Geschehnisse in Auschwitz nie vergessen werden dürfen. "Das Leid, das euch dort widerfahren ist, ist für uns unvorstellbar." Der österreichische Botschafter in Polen, Thomas Buchsbaum, entzündete eine Kerze am Gedenkmal und sagte: "Wer hierher an den grausamsten Ort der Welt kommt, verstummt. Wer hier war, muss reden."

Holocaust-Gedenken mit Warnung vor Rechtspopulismus
The Nazi slogan "Arbeit macht frei" (Work sets you free) is pictured at the gates of the former Nazi German concentration and extermination camp Auschwitz-Birkenau in Oswiecim, Poland January 27, 2017, to mark the 72nd anniversary of the liberation of the camp by Soviet troops and to remember the victims of the Holocaust. Agency Gazeta/Kuba Ociepa/via REUTERS ATTENTION EDITORS - THIS IMAGE WAS PROVIDED BY A THIRD PARTY. EDITORIAL USE ONLY. POLAND OUT. NO COMMERCIAL OR EDITORIAL SALES IN POLAND
Am 27. Jänner 1945 hatten Soldaten der Roten Armee rund 7500 überlebende Häftlinge von Auschwitz-Birkenau befreit. Die Nazis hatten dort mindestens 1,1 Millionen Menschen umgebracht, größtenteils Juden. Der Tag der Auschwitz-Befreiung wird in vielen Teilen der Welt Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus begangen, seit 2005 auch von den Vereinten Nationen.

"Irrationalität und Intoleranz sind zurück", beklagte UNO-Generalsekretär Antonio Guterres die Zunahme von Extremismus und Fremdenfeindlichkeit. Er warnte in einer Botschaft zum Holocaust-Gedenktag davor, den Judenmord als "Ergebnis des Wahnsinns einer Gruppe krimineller Nationalsozialisten" anzusehen. Er sei vielmehr "der Höhepunkt" von Jahrtausenden des Antisemitismus gewesen. Papst Franziskus sagte, dass der Gedenktag für alle Menschen wichtig sei, damit sich eine solche Tragödie nie wiederhole.

Der Deutsche Bundestag erinnerte in einer Gedenkstunde vor allem an die Opfer des Euthanasie-Programms der Nationalsozialisten. Bundestagspräsident Norbert Lammert sagte, dass ein "enger Zusammenhang" zwischen Euthanasie und dem Judenmord bestehe. Das zunächst an Euthanasie-Opfern praktizierte Töten durch Gas gelte nämlich als "Probelauf zum Holocaust".

Eklat um AfD-Politiker Höcke

Im Landtag von Thüringen kam es zu einem Eklat, weil dem umstrittenen rechtspopulistischen Politiker Björn Höcke die Teilnahme an einer Gedenkveranstaltung verweigert wurde. Landtagspräsident Christian Carius sagte Höcke, dessen Anwesenheit würde als "Provokation" empfunden. Die KZ-Gedenkstätte Buchenwald erteilte dem AfD-Politiker, der dort am Freitag ebenfalls an einer Gedenkveranstaltung teilnehmen wollte, ein Hausverbot. Höcke hatte international Schlagzeilen gemacht, weil er das Berliner Holocaust-Mahnmal als "Denkmal der Schande" bezeichnet hatte.

Gedenken in Österreich

In Österreich warnten Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) und der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), Oskar Deutsch, vor einer Zunahme von Intoleranz und Antisemitismus. "Wir müssen solchen Tendenzen mehr denn je entschieden entgegentreten", betonte Kurz in einer Aussendung. Deutsch beklagte, dass der Antisemitismus wieder steige, während die Zeitzeugen des Holocaust immer weniger würden. "Antisemitismus darf nicht wieder Oberhand nehmen in Europa", betonte Deutsch im Ö1-Morgenjournal.

Das offizielle Österreich hat seine Mühe mit dem Holocaust-Gedenktag. Es gedenkt der NS-Opfer nämlich am 5. Mai, der 27. Jänner wird erst seit 2012 auf Initiative der damaligen Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) mit eigenen Veranstaltungen gewürdigt. Bei einer Gedenkveranstaltung vor dem Weiheraum am Heldenplatz traten am heutigen Freitag Wiener Kommunalpolitiker auf. Der Wiener Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) sagte zum Gedenken: "Nie wieder dürfen Menschen - dürfen wir - anderen das Menschsein verwehren."

"weremember" auf Twitter

Bereits am gestrigen Donnerstag hatten zahlreiche österreichische Spitzenpolitiker gegen das Vergessen appelliert. "Angesichts des Rechtsrucks in Europa und in der Welt wird unsere politische Verantwortung noch größer, unermüdlich an die unheilvollen Folgen des Spaltens und Hetzens zu erinnern", betonte Grünen-Chefin Eva Glawischnig. Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) schlossen sich der Twitter-Kampagne #weremember an, indem sie Fotos posteten, auf denen sie Schilder mit der Aufschrift "We remember" (Wir erinnern).