Bunt, süß, gefährlich: Großbritannien verbietet Energy-Drinks für unter-16-Jährige

Eine typische Morgenszene in Großbritannien: Eine Gruppe Schulkinder, die Krawatten der Uniform noch lose gebunden, betreten einen Supermarkt. Nach wenigen Minuten stolpern sie lachend heraus. In ihren Händen: Gummischlangen, Schokoriegel und – Energydrinks. Es ist ein besorgniserregender Trend.
Jedes dritte Schulkind zwischen 13 und 16 Jahren und jeder vierte der 11- und 12-Jährigen konsumiert zumindest einen Energydrink pro Woche. Das soll sich nun ändern. Die britische Labour-Regierung löst ein Wahlversprechen ein und verbietet den Verkauf von hoch-kaffeinierten Energydrinks an alle Unter-16-Jährigen.

Gesundheitsminister Wes Streeting wünscht sich den besten Lebensstart für britische Schulkinder.
„Wie können wir von Kindern erwarten, dass sie in der Schule gute Leistungen erbringen, wenn sie täglich das Äquivalent eines doppelten Espressos zu sich nehmen?“, fragt Gesundheitsminister Wes Streeting.
Aus für Red Bull und Co
Konkret dürfen Geschäfte, Kaffeehäuser, Restaurants und auch Webshops ab sofort keine Energy-Drinks mit mehr als 150 mg Koffein pro Liter an Teenager unter 16 Jahren verkaufen. Das Verbot betrifft somit bekannte Marken wie Red Bull oder Monster, schließt aber Softdrinks wie Coca Cola aus. (Zum Vergleich: Eine 330ml-Dose Cola enthält in etwa 34 mg.) Die erste Pilotphase wird zwölf Wochen laufen und von Gesundheitsexperten, Vertretern des Bildungswesens und Einzelhändlern evaluiert.

Für viele ist das Verbot eine Erleichterung. Acht von zehn Eltern hatten Maßnahmen gefordert; 71 Prozent der Lehrer hatten sich über den Missbrauch von Energydrinks in der Schule gesorgt. Denn die Getränke haben Auswirkungen auf Konzentration, Ängstlichkeit, den Schlaf – und können zu Übergewichtigkeit führen. Eine 500ml-Dose enthält mitunter das Äquivalent von 20 Teelöffeln Zucker. Großbritannien ist derzeit das westeuropäische Land mit der größten Fettleibigkeit.
Als Mutter eines 6-Jährigen und als Pädagogin mit 13 Jahren Erfahrung habe ich gesehen, welchen Schaden diese Getränke anrichten. In Schulen habe ich Panikattacken, Angstzustände und Konzentrationsschwäche beobachtet, oft nachdem Schüler mehrere Dosen anstelle des Frühstücks konsumiert hatten.
Mutter und Pädagogin
Weitere Schritte gefordert
Das Verbot gehe in die richtige Richtung, sagt auch die 18-jährige Britin Carrera vom Verein Biteback, doch es brauche weitere Schritte: „Wir fühlen uns unter Druck gesetzt, sie zu trinken, besonders während der Prüfungszeit, wenn der Stress ohnehin hoch ist.“ Es brauche also auch Maßnahmen gegen die Vermarktung dieser Getränke. Denn Energydrinks wurden zur sozialen Währung der britischen Schulkinder. Sie sind süß, sie sind bunt und werden mitunter von Schulkindern am Schulhof verkauft.
Die britische Regierung arbeitet bereits an einem Werbeverbot: Mit Jahresbeginn dürfen keine Junk-Food-Werbungen vor 21 Uhr gezeigt werden. Doch die wenigsten Kinder schauen noch fern; ihnen werden die bunten Drinks auf Instagram oder TikTok von SocialMedia-Influencern vorgeschlagen.
Auch die britischen Zahnärzte wünschen sich eine Ausweitung – auf zuckerfreie und zuckerarme Energy-Drinks. Das würde helfen, Karies vorzubeugen, sagt die British Dental Association. In manchen britischen Regionen haben sechs von zehn 5-Jährige bereits verfaulte Zähne.
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