Geringe Wahlbeteiligung
Klar war hingegen bereits die geringe Wahlbeteiligung: Nicht einmal jeder zweite Berechtigte ging zur Urne. Das ist ein neuer Tiefstand.
Von der Sitzverteilung in der Nationalversammlung, dem Unterhaus Frankreichs, hängt ab, ob Macron in den kommenden fünf Jahren mit der Unterstützung des Parlaments, zu dem als zweite Kammer der konservativ dominierte Senat gehört, regieren kann. Dieser ist derzeit konservativ dominiert, doch im Zweifelsfall hat die Nationalversammlung das letzte Wort.
Bei einem Sieg dürfen die Premierministerin Elisabeth Borne und die übrigen Minister der neuen Regierung im Amt bleiben.
Im gegenteiligen Fall käme es zu einer „Kohabitation“, wenn eine oppositionelle Partei die Regierung und deren Chef stellt. Das würde Macron die Arbeit deutlich erschweren.
Darum kämpft der Linkspopulist Jean-Luc Mélenchon als Chef der Allianz Nupes, der als Kandidat seiner Partei La France Insoumise („Das unbeugsame Frankreich“) bei den Präsidentschaftswahlen mit 22 Prozent nur knapp auf dem dritten Platz hinter der Rechtspopulistin Marine Le Pen und Macron gelandet war. Daraus zog Mélenchon seinen Führungsanspruch, um seine Partei mit den Sozialisten, der Öko-Partei „Europa-Ökologie – Die Grünen“ und den Kommunisten zusammenzuschließen.
Gemeinsam einigten sie sich auf Programm-Eckpunkte wie die Erhöhung des Mindestlohns, die Rente ab 60 (anstatt wie derzeit 62) und auf die Ernennung von Mélenchon zum Premierminister im Fall eines Siegs.
Zweite Runde
Aufgrund des französischen Mehrheitswahlrechts gehen Meinungsforscher allerdings nicht davon aus, dass Nupes bei der zweiten Runde am kommenden Sonntag siegt. Demnach dürfte es bei 150 bis 220 der insgesamt 577 Sitze in der Nationalversammlung, dem Unterhaus des französischen Parlaments, bleiben. Mélenchon rief gestern Abend die Menschen dazu auf, „die Urnen zu überfluten“, um Macrons „unselige Projekte“ zu verhindern.
2017 war es Macrons noch junger Partei La République en marche (LREM) gelungen, die absolute Mehrheit in der Nationalversammlung zu erzielen. Dieses Mal dürfte es knapper werden, auch wenn ein Sieg bei der zweiten Runde als wahrscheinlich gilt.
Allerdings dürfte er stärker von seinen Bündnispartnern und vor allem dem ehrgeizigen Ex-Premier Philippe abhängen. Die konservativen Republikaner erreichten gestern rund 11 Prozent und dürften einen großen Teil ihrer bislang rund 100 Sitze verlieren.
Die beiden rechtsextremen Parteien Rassemblement National (RN) von Marine Le Pen und Reconquête des Ultrarechten Éric Zemmour haben sich nicht zusammengeschlossen, sondern traten jeweils mit eigenen Kandidaten an.
Zemmour, der selbst in einem Wahlkreis in Südfrankreich kandidiert hatte, verfehlte die Qualifizierung in die zweite Runde. Der RN erhielt ersten Ergebnissen zufolge rund 19 Prozent, gegenüber 13,2 Prozent vor fünf Jahren. Für Le Pens rechtsextreme Partei dürfte es voraussichtlich für eine eigene Fraktion reichen, bei der mindestens 15 Abgeordnete notwendig sind. Bislang gab es keine solche RN-Fraktion.
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