"Allmähliches Ersticken": Budgetstreit bedroht Frankreich
Zusammenfassung
- Chef der französischen Zentralbank warnt vor "allmählichem Ersticken" Frankreichs wegen Haushaltsstreit und steigender Zinslast.
- Ratingagentur Moody's senkt Ausblick für Frankreichs Kreditwürdigkeit auf "negativ"; andere Agenturen haben bereits abgestuft.
- Frankreich steckt in politischer Krise mit Rekordverschuldung und gescheiterten Haushaltsverhandlungen.
Angesichts des seit Monaten anhaltenden Budgetstreits hat der Chef der französischen Zentralbank, François Villeroy de Galhau, vor einem "allmählichen Ersticken" des Landes gewarnt. "Alle (Rating-)Agenturen sind alarmiert über die politische Instabilität und unser ernstes Haushaltsproblem", so Villeroy de Galhau in einem am Samstag veröffentlichten Interview mit der Zeitung La Croix. Frankreich sei "nicht vom Bankrott bedroht, sondern von einem allmählichen Ersticken".
Eine große Gefahr stellen laut Villeroy de Galhau die steigenden Zinslasten für Schulden dar. Der Zentralbank-Chef warnte zudem vor einer "Ansteckung", die zu "teureren Krediten für Haushalte und Unternehmen" in Frankreich führen könnte.
Ratingagentur senkte Ausblick auf "negativ"
Villeroy de Galhau sprach die Warnung vor dem Hintergrund der Beurteilung der Kreditwürdigkeit Frankreichs durch die Ratingagentur Moody's vom Freitag aus. Moody's hatte die Kreditwürdigkeit zwar unverändert gelassen, angesichts der anhaltenden politischen Instabilität im Land jedoch den Ausblick von "stabil" auf "negativ" gesenkt. Moody's behielt das Rating Aa3 bei. Die Ratingagenturen Fitch und S&P hatten hingegen in den vergangenen Wochen die Kreditwürdigkeit von AA- auf A+ herabgestuft.
Frankreich verzeichnet derzeit eine Rekordverschuldung in Höhe von 3,4 Billionen Euro. Sowohl die Verschuldung in Höhe von 115 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) als auch das Defizit in Höhe von 5,8 Prozent im vergangenen Jahr nähern sich jeweils dem Doppelten der EU-Grenzwerte.
Politische Krise seit Monaten
Zugleich steckt Frankreich seit Monaten in einer politischen Krise. Die Nationalversammlung in Paris ist seit den vorgezogenen Neuwahlen im Sommer 2024 in drei miteinander verfeindete Blöcke gespalten, von denen keiner mehrheitsfähig ist. Derzeit versucht die Regierung von Premierminister Sébastien Lecornu ein Budget für das Jahr 2026 zu verabschieden, sieht sich aber mit der Forderung der Sozialisten nach einer Steuer für Wohlhabende konfrontiert.
Die Regierung lehnt diese Steuer ab, weil sie negative Auswirkungen auf den Standort Frankreich befürchtet. Die Sozialisten drohen andernfalls jedoch mit einem Sturz der Regierung.
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