Flug verspätet, wer zahlt? Wie um die Rechte für Fluggäste gerungen wird
Es ist ein immer häufigeres Ärgernis für Reisende und ein ausgesprochen teurer Spaß für die Fluglinien: Rund jeder dritte Flug in Europa ist verspätet, die meisten zwischen zwei und vier Stunden. Passagiere können dafür Entschädigung verlangen, ab drei Stunden Verspätung und gestaffelt nach der Anzahl der geflogenen Kilometer.
Fluglinien wollen Änderungen
Seit Jahren drängen Europas Fluglinien auf eine Änderung dieser EU-Regelung. Die drei Stunden, so ihr Argument, würden nicht nur schwer tragbare Kosten für die Unternehmen bedeuten, sondern seien auch ein Nachteil für die Passagiere.
Weil diese Zeit nämlich nicht ausreiche, um Ersatzteile oder eine neue Maschine zu organisieren oder auch die Passagiere umzubuchen, würden die Fluglinien die Flüge einfach streichen, weil das am Ende billiger komme. Vor allem Billigfluglinien wie die Ryanair und ihr um Kommentare nie verlegener Chef Michael O’Leary drängten auf eine Änderung. Es sei „verdammter Betrug“, wenn sich jemand ein Ticket um 100 Euro kaufen würde und bei einer Verspätung die mehrfache Summe als Entschädigung kassiere.
Tauziehen um Stunden
Schon 2014 hatte die EU-Kommission in Brüssel eine neue Regelung vorgelegt. Darin geht es zwar auch um Fragen wie Größe und Gewicht von Handgepäck, aber im Brennpunkt stehen die Verspätungen – auch im Brennpunkt der politischen Streitereien, die seither herrschen. Denn der Plan sah vor, Passagiere erst ab fünf Stunden Verspätung zu entschädigen, und das auch noch mit einigen Einschränkungen. Bei bestimmten technischen Defekten oder im Fall eines Streiks könnten die Fluglinien auch ohne Entschädigungszahlungen davonkommen.
Der Plan hob allerdings nie wirklich ab. Zu massiv war der Widerstand zahlreicher EU-Mitgliedsländer, darunter auch Deutschland, oder Österreich.
Vier Stunden als Limit
Polen, das derzeit den EU-Ratsvorsitz führt, hat aber die Neuregelung ganz oben auf seine Agenda gesetzt. In intensiven Verhandlungen mit den EU-Staaten fand man einen Kompromiss. Wichtigster Punkt: Es soll ab vier Stunden Verspätung Entschädigung für die Passagiere geben.
Das aber brachte umgehend die Konsumentenvertreter auf die Palme, die von einem massiven Zurückstutzen der Rechte von Flugpassagieren sprachen: 70 Prozent der von Verspätungen betroffenen Passagiere würden um ihre Entschädigung umfallen, so ihre Berechnungen. Grund genug auch für viele Abgeordnete des EU-Parlaments, sich schnell und sehr deutlich auf die Seite der Passagiere zu stellen. „Das wirft den Konsumentenschutz um zehn Jahre zurück“, meint etwa die EU-Abgeordnete der ÖVP, Sophia Kircher: „Flugreisen gehören für viele Menschen fix zu ihrer Jahresplanung und sind bereits ohne Komplikationen beschwerlich genug. Wenn etwas schiefgeht, dann müssen die Fluggäste entsprechend abgesichert sein. Eine Aufweichung der Passagierrechte in dieser Form ist nicht akzeptabel. “
„Schmutziger Deal“
Auf einer ganz ähnlichen Linie sind auch die Vertreter der meisten anderen Fraktionen des EU-Parlaments. SPÖ-Abgeordneter Andreas Schieder etwa nennt die geplanten Änderungen, einen „gefährlichen Rückschritt“ und eine „Bruchlandung beim Verbraucherschutz“. Es brauche vielmehr klare Verbesserungen für die Kunden, die müssten ihr Recht viel zu oft mühsam erstreiten.
Der Verkehrssprecher der FPÖ, Roman Haider, ortet hinter dem Vorschlag sogar einen „schmutzigen Deal“ zwischen der Luftfahrtindustrie und der EU-Kommission. Die habe den Fluglinien die Einschränkung der Passagierrechte zugestanden. Die wiederum würden der Kommission bei ihren grünen Plänen für den Einsatz von Biosprit in Flugzeugen entgegenkommen und dafür sogar Strafzahlungen akzeptieren. Draufzahlen würden im Endeffekt nur die Passagiere, so der FPÖler.
Obwohl die Kommission und die EU-Staaten sich geeinigt haben, hat das EU-Parlament immer noch ein gewichtiges Wörtchen mitzureden. Die absolute Mehrheit im Parlament, die man braucht, um den Vorschlag zu stoppen, sollte leicht zu schaffen sein. Der Streit um die Rechte von Fluggästen geht damit weiter.
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