Ex-Premier Abes Verstrickungen mit der Moon-Sekte schocken Japan

Über Tote nur Gutes. Eigentlich gilt dieser Satz auch in Japan. Doch seit der Ermordung des Langzeitpremiers Shinzo Abe sorgen immer neue Enthüllungen über seine Verstrickungen mit der aus Südkorea stammenden Moon-Sekte im Volk für Empörung.
Der für den 27. September angesetzte staatliche Trauerakt mit 6.000 in- und ausländischen Gästen sorgt für Empörung. Bei Demonstrationen wurde gerufen: „Keine Staatstrauer für Shinzo Abe“ Und: „Kein erzwungenes Beileid.“ Umgerechnet elf Millionen Euro soll die Veranstaltung kosten, gab die Regierung von Abes Nachfolger Fumio Kishida am Dienstag bekannt., obwohl in Umfragen eine Mehrheit der Japaner gegen diese Trauerfeier sind. Im Gegensatz zu westlichen Ländern fehle die Grundlage für staatliche Trauerfeiern, diese stünden nur dem Kaiser zu.
Mitleid mit dem Attentäter
Abe war am 8. Juli während einer Wahlkampfrede in der Stadt Nara von einem Ex-Militär mit einer selbstgebauten Waffe aus nächster Nähe von hinten erschossen worden. Der Attentäter hatte angegeben, Abe aus Hass auf die umstrittene Moon-Sekte ermordet zu haben. Die Sekte, zu der Abe in enger Verbindung stand, habe seine Mutter in den finanziellen Ruin getrieben und die Familie zerstört.
Der japanische Ableger der Moon-Sekte, die weltweit für ihre Massenhochzeiten bekannt ist, nannte sich in Japan früher Vereinigungskirche, heute heißt sie Familienföderation für Weltfrieden und Vereinigung.
In Japan melden sich seit Abes Ermordung immer mehr Opfer der Sekte, sie berichten, dass es für zwangsverkuppelte Paare fast unmöglich war, sich scheiden zu lassen. Auch Kinder erzählen von den unglücklichen Ehen ihrer Eltern.
Abes Verstrickungen und Wählerkauf
Die Enthüllungen haben eine Welle des Mitleids mit Abes mutmaßlichem Mörder ausgelöst, das geht so weit, dass Menschen beim Gefängnis Geld für ihn abgeben.
Aber die Bitterkeit mit der über ein Totengedenken gestritten wird, überrascht selbst langjährige Japanologen wie Wieland Wagner vom Spiegel. Denn wie verstrickt Abe und andere LDP-Politiker mit der Sekte waren, hätte niemand für möglich gehalten. Sektenmitglieder wählten die LPD, dafür bekamen die Sektenoberen offensichtlich auch Geld, das wiederum ins „verhasste Nachbarland“ Südkorea floss.
Abe fungierte offenbar als eine Art Verbindungsmann, der die Wählerstimmen der Sekte an mit ihm verbündete Abgeordnete regelrecht verteilte – und auf diese Weise seinen eigenen Einfluss in der Partei stärkte.
Die Bande zwischen der LDP und der Sekte reichen weit in die Zeit des Kalten Krieges zurück, berichtet der Spiegel. Damals verbündeten sich Abes Großvater, der Nachkriegspremier Nobusuke Kishi, und der Sektengründer Moon Sun-Myung im Kampf gegen den Kommunismus. Unter Abe teilte die LDP mit der Sekte dann auch ein erzkonservatives Familienbild.
Der neue Premier entschuldigt sich
Die Enthüllungen über den Einfluss der Sekte auf die Politik machen vielen Menschen Angst. Einer Umfrage der Tageszeitung Mainichi zufolge sank die Beliebtheit des Kabinetts enorm – um 16 Punkte auf magere 36 Prozent. Vor einer Woche trat Premier Fumio Kishida schließlich vor die Presse und entschuldigte sich bei seinen Landsleuten für die Moon-Verstrickungen.

Premier Fumio Kishida
Er verneigte sich und versprach, dass die Partei alle Verbindungen zur Sekte kappen werde. Was nicht so leicht zu glauben ist, da sein engster Vertrauter ein Moon-Verbindungsmann sein soll.
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