EuGH: Polnische Justizreform verstößt gegen EU-Recht
Polen hat in einem Streit mit der EU um die Unabhängigkeit und das Privatleben von Richtern vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) eine endgültige Niederlage erlitten. Nach einem am Montag verkündeten Urteil verstoßen Bestimmungen der polnischen Justizreform von 2019 gegen EU-Recht. Das Urteil aus Luxemburg könnte auch Auswirkungen auf ein zuvor schon im Eilverfahren verhängtes Zwangsgeld haben.
Hintergrund ist eine Klage der EU-Kommission aus dem Jahr 2021, wonach mehrere polnische Regelungen gegen EU-Recht verstoßen. Die Kommission ist als Hüterin der EU-Verträge dafür zuständig, zu überwachen, dass die Staaten sich an EU-Recht halten. Sie verklagt immer wieder auch Deutschland vor dem EuGH, um die Einhaltung von EU-Recht zu erzwingen.
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Im aktuellen Streit ging es unter anderem um ein Gesetz zur Disziplinierung von Richtern. Der EuGH machte nun deutlich: Die polnischen Regeln gewährleisteten keinen Zugang zu einem unabhängigen und unparteiischen Gericht. Dazu gehöre nämlich, dass die nationalen Gerichte überprüfen könnten, ob sie selbst oder andere Gerichte den im Unionsrecht vorgesehenen Anforderungen genügen.
Milliarden Euro Fördergeld einbehalten
Die Richter listeten gleich mehrere Punkte der von der rechtsnationalen Regierungspartei PiS umgesetzten Reform als Schädigung der Unabhängigkeit der Justiz und damit als Unterwanderung des Rechts auf. "Die polnische Justizreform vom Dezember 2019 verstößt gegen EU-Recht", stellte das Gericht fest. "Die Werte der Rechtsstaatlichkeit sind ein integraler Bestandteil der Identität der Europäischen Union." Wegen Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit hat die EU-Kommission bereits Milliarden Euro an Fördergeld für Polen einbehalten. Die Regierung in Warschau weist den Vorwurf zurück.
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Die PiS regiert das Land seit 2015, die nächste Parlamentswahl ist für Oktober oder November anberaumt. Am Sonntag hatten in Warschau Hunderttausende gegen die Regierung demonstriert. Zum 34. Jahrestag der ersten demokratischen Wahlen in Polen nach dem Krieg waren Regierungskritiker aus dem ganzen Land in die Hauptstadt gereist. Die liberale Opposition hatte die Kundgebung zum Test dafür erklärt, ob die PiS nach fast acht Jahren an der Regierung in diesem Jahr abgewählt werden kann.
Beschlüsse vom EuGH gekippt
Polens nationalkonservative Regierung baut die dortige Justiz seit Jahren ungeachtet internationaler Kritik um. Die EU-Kommission klagte mehrfach gegen die Reformen. Teilweise wurden Beschlüsse vom EuGH gekippt.
Weil Warschau sich weigerte, frühere EuGH-Urteile umzusetzen, verhängte der Gerichtshof innerhalb des nun entschiedenen Verfahrens schließlich eine Million Euro Zwangsgeld pro Tag. Die Strafe wurde im Frühjahr halbiert, weil die Regierung inzwischen einige Änderungen am Justizsystem vorgenommen hat.
Aus Sicht der EU reicht das allerdings nicht aus. Weitere Verfahren sind schon abzusehen: Im Februar verklagte die EU-Kommission Polen erneut wegen Verstößen gegen EU-Recht durch den polnischen Verfassungsgerichtshof. Für Warschau sind die Verfahren heikel, denn es geht inzwischen auch um viel Geld: Die EU-Kommission hält mehrere Milliarden Euro aus dem Corona-Aufbaufonds für Polen zurück, weil sie Zweifel am dortigen Justizsystem hat.
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