Sind wieder Harleys im Visier? Wie die EU den Gegenschlag auf Trumps Zölle plant

Die Warnung war schlicht zu laut, um sie – auch auf der anderen Seite des Atlantiks – zu überhören. „Wunderschöne Zölle“ werde er den Europäern aufdonnern, hatte Trump schon im Wahlkampf angekündigt. Und er wiederholt sie auch jetzt wieder. Nach Kanada und China sei die EU dran, erklärte der US-Präsident auch am Wochenende mehrfach. Die Zölle gegen Mexiko wurden ja inzwischen wieder ausgesetzt. Die EU, die er sonst gerne übersieht, wird, wenn es um die Zölle geht, ausdrücklich erwähnt. Schließlich sind Zölle und Handelsregeln gegenüber Drittstaaten unter der Kontrolle der EU-Kommission. Die ist also in diesen Fragen in der Lage, schnell und ohne Querschüsse aus einzelnen EU-Mitgliedsländern zu handeln, wenn Trump zuschlägt.
Genau darauf hat man sich in der EU-Zentrale schon lange vor der US-Wahl vorbereitet. Eine eigens zusammengestellte Gruppe an Experten, im Brüsseler Jargon das „Team Trump“ genannt, hat alle Maßnahmen, die Trump setzen könnte, analysiert und Gegenmaßnahmen geplant. Nach den Erfahrungen aus der ersten Amtsperiode des Republikaners, als man von den Zöllen auf Stahl und Aluminium buchstäblich überrumpelt wurde, will man sich eine solche Blöße nicht mehr geben.
Anti-Zwangsmaßnahmen
Es gebe also eine ganze Reihe „einsatzbereiter Werkzeuge“, wie Bernd Lange, Chefverhandler in Handelsfragen des EU-Parlaments, erläutert. Am schnellsten verfügbar wäre das sogenannte „Instrument zur Bekämpfung von Zwangsmaßnahmen“. Es ist eine Art Allzweckwaffe, die dann eingesetzt wird, wenn die EU offiziell feststellt, dass ein anderer Staat – in diesem Fall also die USA – Zölle als Instrument der Politik einsetzt, also um seinen Willen durchzusetzen. Im Gegenzug kann die EU zahlreiche Maßnahmen setzen: Zölle, allgemeine Handelsbeschränkungen oder sogar die Blockade von Exportgütern oder ein Verbot europäischer Investitionen in den USA.
„Die Panzerfaust“
Noch massiveres Vorgehen erlaubt die sogenannte „Durchsetzungsverordnung“, im Expertenjargon „die Panzerfaust“ („Bazooka“) genannt. Dann nämlich kann die EU geltende Handelsverträge mit dem anderen Land einfach aufkündigen. Die Voraussetzung dafür wäre allerdings ein Urteil der Welthandelsorganisation WTO, indem diese einen Regelbruch von Seiten der USA feststellt. Das könnte in einem plötzlich vom Zaun gebrochenen Handelskrieg zu viel Zeit in Anspruch nehmen.
Harleys ausgebremst
Viel schneller ginge es natürlich, wenn die EU einfach Zölle auf bestimmte Waren einzelner US-Firmen einhebt. Schon 2018 hat man genau damit auf Trumps Zölle reagiert. Betroffen waren etwa Motorräder der Marke Harley Davidson, Levis-Jeans oder Zippo-Feuerzeuge. Zumindest Harley wurde von den Zöllen so hart erwischt, dass man einen Teil der Produktion für Europa kurzfristig nach Thailand auslagerte.
Kompromissangebote
Doch vorerst setzt man in Brüssel darauf, dass der „Dealmaker“ Trump mit seinen Zöllen im Endeffekt gute Geschäfte für US-Firmen anbahnen will. Kurzfristig geht es da vor allem um Erdgas aus den USA, das – in flüssiger Form (LNG) – ohnehin verstärkt nach Europa exportiert wird, seit kein russisches Gas mehr durch die Pipelines nach Europa fließt. Trump drängt Europa darauf, mehr Gas aus den USA zu kaufen. Auch die US-Rüstungsindustrie erwartet gute Geschäfte mit Europa, vor allem seit die Arsenale der Streitkräfte durch den Krieg in der Ukraine geleert worden sind.
Zugleich aber drängt vor allem Frankreich darauf, dass Europas Armeen endlich mehr europäische Waffen kaufen. Ein Thema, das auch beim Treffen der EU-Regierungschefs am Montag intensiv diskutiert wurde.
Auch hier, so machen EU-Diplomaten deutlich, gebe es Spielraum für Kompromisse – und damit Möglichkeiten, einen Handelskrieg mit den USA zu vermeiden. „Wir sind auf jeden Fall besser vorbereitet als beim letzten Mal“, meint der deutsche EU-Abgeordnete David McAllister, erfahrener Mittelsmann zur US-Politik: „Aber Zölle sind nie gut und zwar für keine Seite. Das müssen wir auch unseren Partnern in Washington klar machen.“
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