EU-Parlamentspräsident warnt vor Zerstörung der EU im Asylstreit

FRANCE-EU-PARLIAMENT-POLITICS-BREXIT
CDU und CSU sollen Streit beilegen. Es könne jetzt nicht um nationale Lösungen gehen.

Vor dem Brüsseler Spitzentreffen zur Flüchtlingspolitik haben führende europäische Politiker vor einem Auseinanderbrechen der EU gewarnt. "Der Umgang mit der Zuwanderungsfrage darf nicht zur Zerstörung der Europäischen Union führen", sagte EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani. Bundeskanzler Sebastian Kurz forderte erneut: "Wir müssen verhindern, dass Boote überhaupt noch nach Europa kommen."

Tajani erklärte gegenüber den Zeitungen der deutschen Funke Mediengruppe (Samstagsausgaben): "Handelt jeder Mitgliedstaat nur nach eigenen Interessen, wird die Gemeinschaft auseinanderbrechen." Im Umgang mit dem Zuzug von Flüchtlingen könne es "jetzt nicht um nationale Lösungen gehen", sagte der Italiener. "Wir brauchen eine europäische Strategie." Tajani richtete einen direkten Appell an die streitenden deutschen Unionsparteien: "Ich hoffe sehr, dass CDU und CSU zu einer Verständigung in der Flüchtlingspolitik finden."

Mit Blick auf die Bayern-Wahl im Herbst fügte Tajani hinzu: "Wir müssen eine europäische Lösung finden, ohne auf die nächsten Regionalwahlen zu schielen." Europas Stabilität hänge von Deutschlands Stabilität ab. Er sei "gegen Maßnahmen an den Binnengrenzen", betonte Tajani. Die Lösung liege beim wirksamen Schutz der Außengrenzen, nicht der Binnengrenzen.

Auch Kurz warnt

Auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) warnte vor einem Auseinanderfallen der EU. Kurz forderte die EU im deutschen Boulevardblatt "Bild" (Samstagsausgabe) auf, als Konsequenz aus dem Flüchtlingsstreit ihre Versuche zu einer Flüchtlingsumverteilung komplett aufzugeben. Diese wird von mehreren EU-Staaten vehement abgelehnt.

"Wir müssen jetzt aufpassen, dass die EU nicht komplett auseinanderfällt und endlich damit aufhören, weiter über ein Verteilungssystem zu sprechen, das einfach nicht funktionieren wird", sagte Kurz der Zeitung. "Seit drei Jahren sollen Flüchtlinge in der EU verteilt werden. Aber wir sehen doch alle, dass bisher sehr wenig passiert ist." Österreich werde sich während seines Ratsvorsitzes "darauf konzentrieren, die Debatte über die Verteilung zu parken und Europa wieder zu einen", sagte Kurz.

In der Frage der Sicherung der Außengrenzen sah Kurz "die größte Einigkeit in der EU": "Wir müssen verhindern, dass Boote überhaupt noch nach Europa kommen", so Kurz. "Und wir müssen Migranten, wenn sie es in die EU geschafft haben, in Zentren außerhalb Europas betreuen. Dort bekommen sie Sicherheit, aber keine Garantie für ein Leben im Wohlstand in Mitteleuropa."

Er bestätigte die Angaben des dänischen Ministerpräsidenten Lars Lökke Rasmussen, dass man an Flüchtlingslagern außerhalb der Europäischen Union arbeite. "Ich werde jetzt kein Land nennen, aber richtig ist, dass wir unter anderem mit Dänemark bereits an Schutzzonen arbeiten, wo wir außerhalb der EU Schutz und Versorgung organisieren wollen."

Der dänische Ministerpräsident erklärte in der "Bild"-Zeitung , er rechne nicht damit, dass der Migrationsgipfel am Sonntag in Brüssel einen Durchbruch bringen wird. "Wir brauchen definitiv mehr als ein Treffen. Nicht unbedingt, um uns auf etwas zu verständigen, aber um eine Lösung umzusetzen", sagte Rasmussen. An dem informellen Arbeitstreffen, zu dem EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker geladen hat, wollen 16 EU-Staaten teilnehmen.

Das Sondertreffen am Sonntag in Brüssel gilt als entscheidender Termin, um zu gemeinsamen Lösungen in der Flüchtlingspolitik zu kommen. Der EU-Kommission zufolge nehmen mindestens 16 Staaten teil. Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel (CDU) will bilaterale Abkommen erreichen, damit Migranten an den Grenzen zurückgeschickt werden können, wenn sie bereits in einem dieser Länder registriert wurden oder einen Asylantrag gestellt haben. Sollte dies nicht gelingen, will Innenminister Horst Seehofer (CSU) Flüchtlinge im nationalen Alleingang zurückschicken lassen.
 

Kommentare