Tauziehen um zwei Billionen: Streit ums EU-Budget wird härter
Im Brüsseler Jargon wird sie „die Mutter aller Schlachten genannt“, die Debatte über das langjährige EU-Budget. Diesmal droht diese Schlacht noch härter und langwieriger zu werden denn je. Überschattet von einer Wirtschaftskrise, die ganz Europa beherrscht, herrscht in den EU-Institutionen „ideologische Aufgeheiztheit“, wie es ein einflussreicher Verhandler formuliert. Entsprechend geht es, was das Geld anbelangt, vor allem darum, nicht als Verlierer dazustehen.
Ein Drittel höher als bisher
Und es geht um sehr viel Geld: Fast zwei Billionen Euro sind für das sogenannte mehrjährige Budget der EU veranschlagt. Das erstreckt sich über sieben Jahre ab 2028 – und ist um ein Drittel höher als das derzeit noch laufende EU-Budget. Der Grund sind vor allem die massiv steigenden Ausgaben für Verteidigung. In Zeiten von knappen Kassen in fast allen Mitgliedsländern löst schon das heftigen Widerstand in den meisten Hauptstädten aus, so auch in Wien.
Entsprechend aufgeheizt war die Atmosphäre in den Verhandlungen von Anfang an, und die derzeitige Frontlinie verläuft zwischen der EU-Kommission und dem EU-Parlament.
Kampf ums Agrarbudget
Schon jetzt droht die Debatte festzustecken, zwei Jahre bevor das Budget überhaupt in Kraft tritt. Im Brennpunkt stehen die zwei größten Brocken des EU-Haushalts: das Agrarbudget und das Budget zur Förderung wirtschaftlich schwächerer Regionen in der EU, der Kohäsionsfonds.
In ihrem Vorschlag hat die EU-Kommission versucht, das traditionell festgemauerte Agrarbudget (GAP) aufzubrechen. Anstatt Hunderte Milliarden zentral aus Brüssel und nach Brüsseler Regeln zu verteilen, sollten die einzelnen Staaten zumindest teilweise eigenständig über die Agrargelder, aber auch über den Kohäsionsfonds entscheiden können. Dazu kommt jedoch eine deutliche Verringerung des Agrarbudgets. Die EU-Staaten könnten ja Mittel aus dem Kohäsionsfonds für die Landwirtschaft verwenden.
Vor allem für die Christdemokraten, also auch die ÖVP, die sich ja als Vertreter der Bauern sehen, war der Vorschlag inakzeptabel. Damit würde eine Grundidee der EU, eben die GAP, ausgehöhlt. Außerdem, so befürchtet man in Österreich, würden die Einsparungen beim Agrarbudget vor allem Kleinbauern treffen, also viele heimische Betriebe.
Angetrieben von den Christdemokraten, der stärksten Fraktion, drohte das EU-Parlament, das EU-Budget niederzustimmen, bevor es überhaupt ernsthaft verhandelt worden war. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen stieg auf die Bremse. In eilig einberufenen Gesprächen mit der Parlamentsführung legte man Kompromissangebote auf den Tisch: weitere Absicherungen für das Agrarbudget, mehr Mitsprache für die Regionen, vor allem aber für das EU-Parlament. Das blies die Revolte ab. Der Konflikt aber geht ungebremst weiter. Die Vertreter von Europas Bauern halten von dem Kompromissangebot gar nichts: „reine Kosmetik“.
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