Erste Hinrichtungen seit 30 Jahren: Myanmar im Griff des Militärs

 Erste Hinrichtungen seit 30 Jahren: Myanmar im Griff des Militärs
Seit dem Putsch im Februar 2021 gehen die Generäle brutal gegen Kritiker vor. Am Montag erstmals seit 1990 Todesurteile vollstreckt.

Knapp eineinhalb Jahre ist es her, dass die militärische Führung in Myanmar in einem Putsch gewaltsam die Macht an sich riss. Zuvor hatte Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi bei landesweiten Wahlen mit ihrer Partei knapp 70 Prozent der Stimmen erreicht. Die Generäle sprachen von Manipulation – und nahmen am 1. Februar 2021 unter der Führung von General Min Aung Hlaing die Wahlsiegerin sowie mehr als 40 weitere Politiker fest.

Seither werden in dem südostasiatischen Land, das schon von 1962 bis 2011 unter der Herrschaft des Militärs stand, jegliche Proteste gewaltsam niedergeschlagen. Nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen sollen bei den Auseinandersetzungen seither mindestens 1.700 Regimegegner getötet und mehr als 13.000 festgenommen worden sein.

Am Sonntag kam es zur nächsten Eskalationsstufe: Zum ersten Mal seit 32 Jahren wurden in Myanmar wieder Todesurteile vollstreckt. Unter den vier Getöteten finden sich bekannte Persönlichkeiten der burmesischen Politik.

Etwa der Demokratieaktivist Kyaw Min Yu, der in seinem Leben bereits mehr als 20 Jahre in Gefängnissen gesessen war, oder der ehemalige Parlamentsabgeordnete Phyo Zeya Thaw, der vor seiner politischen Karriere als Rapper populär geworden war. Sie alle waren wegen „Mithilfe zur Durchführung unmenschlicher Terrorakte“ am Sonntag an einem unbekannten Ort gehängt worden.

Folgen für das Regime?

Weil bereits mehr als 100 weitere Todesurteile gegen inhaftierte Regimekritiker ausgesprochen wurden, rechnen Beobachter mit einer Welle an Hinrichtungen.

Die Rufe nach Folgen für die Machthaber gehen deshalb über Aktivisten hinaus: „Was muss die Junta noch tun, bis die internationale Gemeinschaft entschlossen handelt?“, fragte etwa der UN-Sonderberichterstatter für Myanmar, Tom Andrews, auf Twitter. Auch Charles Santiago, Menschenrechtssprecher im Verband Südostasiatischer Nationen (ASEAN), forderte eine Reaktion der Staatengemeinschaft, um die Junta von weiteren Gräueltaten abzuhalten.

Bisher ist aber noch nichts dergleichen passiert. Machthaber Min Aung Hlaing bezeichnete die ausländische Kritik als „Einmischung“.

Wo ist Aung San Suu Kyi?

Völlig unklar ist, was mit der ehemaligen Regierungschefin Aung San Suu Kyi passieren wird. Die 77-Jährige, die für viele im Land als Volksheldin gilt und 1991 den Friedensnobelpreis erhielt, sitzt seit dem Putsch im Februar 2021 in Haft. Zunächst im Hausarrest, seit Anfang Juni allerdings im Gefängnis.

Laut BBC wurde sie erneut verlegt, diesmal an einen unbekannten Ort. Über ihren Zustand ist seither nichts bekannt. Suu Kyi werden etliche Vergehen vorgehalten – ihr Tod würde die Situation im Land aber wohl endgültig eskalieren lassen.

Kommentare