Erdogans Wahlerfolg vertieft Gräben in der Türkei

Recep Tayyip Erdoğan und seine Frau Emine winken von einem Balkon.
Premier Erdogan droht seinen Gegnern. Sie sollen nun den Preis für ihre Kampagnen gegen ihn bezahlen.

Wir sind die Besitzer dieses Landes", rief Recep Tayyip Erdogan in der Nacht auf Montag vom Balkon seines Parteibüros. Und: Seine Gegner würden "den Preis bezahlen", dass sie in den vergangenen Wochen versuchten, ihm politisch das Genick zu brechen.

Die erste Rede des Premiers nach dem Erfolg seiner AKP bei den Kommunalwahlen am Sonntag war nicht gerade versöhnlich. Einige Oppositionelle, aber auch etwa der deutsche Grünen-Chef Cem Özdemir, warnten vor einer "Hexenjagd" auf Gegner des "Sultans" Erdogan. Aus der Opposition kam der Vorwurf der Wahlmanipulation hinzu.

"Man kann aber davon ausgehen, dass die hohe Stimmenzahl der AKP nicht durch Fälschung zustande gekommen ist", entkräftet der Wiener Türkei-Experte Cengiz Günay. Allerdings weist der Politologe auf die türkische Medienlandschaft hin, deren Berichterstattung im Wahlkampf eindeutig zugunsten Erdogans ausgefallen ist. "Aber am Ergebnis ist nicht zu rütteln", so Günay.

45,5 Prozent hat die AKP landesweit erreicht. Mitten in einer der größten politischen Krisen der Türkei hat sich die Regierungspartei behauptet. Trotz täglich neuer Korruptionsvorwürfe, trotz des harten Vorgehens gegen die Gezi-Proteste, trotz der Internet-Sperren.

Auch Ankara und Istanbul blieben in der Hand der AKP. Die Touristenhochburg Antalya wanderte von der größten Oppositionspartei CHP (Republikanische Volkspartei) zu Erdogans Team. "Die Opposition hätte aus der politischen Krise stärker Kapital schlagen müssen", sagt Günay.

Und: "Der Erfolg gehört Erdogan." Auch wenn es eine Kommunalwahl war und Erdogan nicht zur Wahl stand – der Premier hatte den Urnengang ausgesprochen zu einem Referendum über seine Person erklärt.

Wie geht es weiter?

Das AKP-Plus von sechs Prozent hat sogar Experten überrascht – die hatten teilweise bereits zu einem Abgesang auf Erdogan angesetzt.

Jetzt wird über seine Kandidatur bei der Präsidentschaftswahl im August spekuliert. Ausgesprochen hat sich der Premier dafür noch nicht. Eine von ihm gewünschte Reform des Präsidentenamtes, das dem Staatsoberhaupt mehr Macht einräumte, ist ja gescheitert. Über vorgezogene Parlamentswahlen zur Stärkung seiner Macht wird aber auch gemunkelt.

Es bestehe die Gefahr, dass das Wahlergebnis die Gräben in der Türkei weiter vertieft, so Günay. Erdogan deutete an, rechtlich die Zügel weiter anzuziehen. Es bleibe wenig Spielraum für heikle Fragen der täglichen Politik, wo es wichtig wäre, mit der Opposition an einem Strang zu ziehen – wie etwa dem Friedensprozess mit den Kurden.

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