Englands Kampf gegen die "Kopfhörer-Vermeider"

Heatwave continues in London
7 von 10 Briten sind von Menschen genervt, die in Öffis über Lautsprecher Musik hören oder telefonieren. Die Opposition verlangt nun ein Verbot. Auch andere Bereiche schärfen bei der Handy-Handhabung nach.

Mit der Rückkehr des dichten Morgenverkehrs zu Schulbeginn, wird man auch den Kopfhörer-Verweigerer wieder häufiger begegnen: Jenen Personen, die zur Qual der anderen Passagiere, ihre Reels, Rap-Lieder oder rätselhaft langen Whatsapp-Gespräche nicht über das intime Medium eines Ohrstöpsels, sondern für alle hörbar über die Lautsprecher abspielen. Fast drei von vier Briten finden dieses Verhalten mittlerweile störend, ergab eine aktuelle Umfrage der Londoner Verkehrsbetriebe TfL

Das britische Verkehrsunternehmen versucht das Phänomen nun mit Freundlichkeit einzudämmen. Pünktlich zum Semesterstart findet man in öffentlichen Verkehrsmittel neue Plakate, die Passagiere daran erinnern, beim Musikhören oder Telefonieren doch bitte Kopfhörer zu benutzen. 

Werbung der Londoner Verkehrsbetriebe gegen Kopfhörer-Verweigerer

Die Kampagne scheint in U-Bahn, Bus und Overground-Zügen auf. 

„Die meisten Menschen verwenden Kopfhörer“, meint TfL Kundendirektorin Emma Strain, „aber schon eine kleine Anzahl von Menschen, die dies nicht tun, kann für andere eine unangenehme oder sogar stressige Umgebung schaffen.“

Dabei ist die Wahrscheinlichkeit, dass Pendler wie Touristen an ihren Smartphones kleben, diesen Herbst noch größer: Immer mehr Teile der Londoner U-Bahn verfügen über Mobilfunkempfang. Die neue Elizabeth Line war vergangenes Jahr die erste Linie, die auf der gesamten Strecke Empfang hatte. Nun laufen Arbeiten in weiteren U-Bahnlinien und auf wichtigen Umsteigebahnhöfe wie King’s Cross. 

Crowded Oxford Circus Station entrance in London

Rund drei Millionen Menschen pendeln in London täglich zur Arbeit.

1.200 Euro Strafe?

Und so geht der freundliche Appell der Verkehrsbetriebe den Liberal Democrats nicht weit genug. Die Oppositionspartei fordert für Kopfhörer-Verweigerer vielmehr 1.000 Pfund (umgerechnet 1.200 Euro) Strafe. Denn zwei von drei Befragten – argumentierte die Partei, die ihre eigene Studie durchführen ließ – erlebe laute Musik mittlerweile „häufig“ und mehr als die Hälfte fühle sich unwohl, Personen zu bitten, den Ton leiser zu drehen.

Liberal Democrat leader Ed Davey visits chalk stream

LibDem-Chef Ed Davey ist für seine kuriosen Medienstunts bekannt; nun macht sich die Partei gegen Kopfhörer-Verweiger stark

„Ob man nun zur Arbeit fährt, seine Kinder zur Schule bringt oder einen Moment der Ruhe genießen möchte – jeder hat das Recht, sich in öffentlichen Verkehrsmitteln sicher und respektiert zu fühlen”, sagt Lisa Smart, Lib-Dem-Sprecherin für Inneres. „Es ist an der Zeit, sich für die stille Mehrheit einzusetzen, die einfach nur in Ruhe von A nach B kommen möchte.“

Doch für so ein Verbot sieht die Labour-Regierung keinen Bedarf. Es gebe bereits strenge Vorschriften zur Verhinderung von antisozialem Verhalten in öffentlichen Verkehrsmitteln, erklärte ein Sprecher des Verkehrsministeriums der BBC. Darunter fallen auch mögliche Geldstrafen von bis zu 1.000 Pfund.

Weitere Smartphone-Maßnahmen

Maßnahmen gegen asoziale Smartphone-Handhabung sind in Großbritannien unterdessen nicht neu. Bereits vergangenen November erklärte eine Londoner Filiale der Bäckereikette Greggs, sie werden keine Kunden mehr bedienen, die ihre Kopfhörer für die Bestellung nicht entfernen würden. 

Mitarbeiter erklärten dem Evening Standard damals, dass diese Maßnahme ergriffen wurde, weil Kunden oft „in einer anderen Welt zu sein scheinen“ und dadurch Warteschlangen entstehen. 

Und Musiker Bob Dylan wird bei seinen Konzerten in Großbritannien und Irland diesen Herbst Smartphones überhaupt ganz verbieten. Besucher müssen ihre Handys in Taschen stecken, die während des Konzerts versiegelt bleiben.

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