Empörung über "Fast Lane" für Abgeordnete: Parlamentarier müssen nicht anstehen

Empörung über "Fast Lane" für Abgeordnete: Parlamentarier müssen nicht anstehen
Während Hunderttausende Menschen kilometerlang anstehen, um sich von Queen Elizabeth II zu verabschieden, dürfen sich über 1.000 Abgeordnete plus Familie vorschummeln.

Knapp fünf Meilen, also acht Kilometer, ist die Warteschlange vor Westminster Hall, wo der Sarg von Queen Elizabeth II aufgebahrt ist, lang. Mittlerweile ist sie vorübergehend sogar gesperrt worden. "Der Zugang wird für mindestens sechs Stunden ausgesetzt", ließ das britische Kulturministerium verlautbaren. Der Londoner Southwark Park an der Themse, wo der Wartebereich beginnt, habe seine Kapazität erreicht.

Hunderttausende Menschen warten bis zu 30 Stunden, um sich von ihrer Königin verabschieden zu können. Dass manche, ausgewählte Briten das nicht müssen, sorgt für Empörung bei den Wartenden: Denn für die 650 Abgeordneten des Unterhauses und die 756 des Oberhauses gibt es eine "Fast Lane", um sich am Volk vorzuschummeln.

7.000 dürfen sich vorschummeln

Die Abgeordneten erhalten zusätzlich vier Karten für Freunde und Familienmitglieder - das macht insgesamt über 7.000 "Fast Lane"-Plätze und sorgt für Unmut bei den Wartenden: "Fast-Line-Warteschlange, damit sie nicht mit dem Pöbel warten müssen. Absolut ekelhaft und ich hoffe, es wird so schnell wie möglich gestoppt", wird ein Wartender in einem britischen Medium zitiert. Ein anderer sagt: "Wäre es nicht schön, wenn sich Abgeordnete wie gewöhnliche Leute in die Warteschlange stellen würden?"

Empörung über "Fast Lane" für Abgeordnete: Parlamentarier müssen nicht anstehen

Besonders bitter: Die "Fast Lane" gilt nur für britische Abgeordnete. Personal, dass im Buckingham Palace mitarbeitet und am Leben der Royals eng beteiligt ist - wie Reinigungskräfte, Sicherheitspersonal, Handwerker und Dienstkräfte - müssen sich mit der Öffentlichkeit anstellen.

Mittlerweile dürften sowohl Ex-Premierministerin Theresa May als auch Angela Rayner, stellvertretende Vorsitzende der Labour Party, von der "Fast Lane" Gebrauch gemacht haben.

Unverständnis im Netz

Im Netz ist die Aufregung groß: "Stellen Sie sich mit dem Rest von uns Bauern in die Warteschlange." Ein anderer Nutzer schrieb: "Warum können Sie sich nicht wie alle anderen anstellen? Sie hatten zwei Wochen lang bezahlte Auszeit. Ist ja nicht so, als hätten sie etwas anderes zu tun, wie an der Krise der Lebenshaltungskosten zu arbeiten, oder?"

Empörung über "Fast Lane" für Abgeordnete: Parlamentarier müssen nicht anstehen

Bei den Abgeordneten hingegen herrscht wenig Verständnis gegenüber der Aufregung. Ein Mitarbeiter eines Abgeordneten rechtfertigt sich Berichten zufolge folgendermaßen: "Würden wir uns mit der Öffentlichkeit anstellen, wäre möglicherweise der Betrieb der Büros der Abgeordneten beeinträchtigt."

Strenge Vorschriften

Spätestens aber in Westminster Hall sind alle Besucher gleich und müssen sich an dieselben Richtlinien halten: Jeder wird durch eine Sicherheitskontrolle im Flughafenstil geschickt; Handys, Schlüssel, Kleingeld, Gürtel, schwerer Schmuck und Uhren müssen abgenommen und weggesteckt werden. Es dürfen keine Taschen oder Rucksäcke, die größer als 40cm x 30cm x 20 cm sind, mitgebracht werden. Flaschen, ausgenommen durchsichtige Wasserflaschen, sind verboten, genauso wie Speisen jeglicher Art. Auch Plakate, Flaggen und Banner sind nicht erlaubt, ebenso wenig wie Decken, Klappstühle, Kühlboxen und Campingstühle.

Sollten die letzten Prognosen recht behalten, werden rund 750.000 Besucher am Sarg erwartet. Das wären weit mehr als jene 300.000, die 1952 King George VI, dem Vater der Queen, die letzte Ehre erwiesen. Zum Tod der Queen Mutter 2002 kamen rund 200.000 Trauernde.

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