Eliaz Cohen: Der Siedler, der Frieden will
Eliaz Cohen ist ein israelischer Siedler. Geboren 1971 in der Siedlung Elkana, lebt er heute in Gusch Etzion südlich von Bethlehem. Soweit das Stereotyp.
Cohen ist aber auch einer der bekanntesten Lyriker Israels – und einer der unermüdlichsten Friedensaktivisten des Landes. Wie passt das zusammen?
Zwei Staaten, eine Heimat
Seit über 20 Jahren sucht Cohen gemeinsam mit Palästinensern und Siedlern neue Ansätze zu einer gemeinsamen Friedenslösung. „Zwei Staaten – eine Heimat“ wurde 2016 von Siedlern und Palästinensern gegründet. Eine Bewegung, weit entfernt vom Konsens beider Seiten. Die aber auf beiden Seiten die Menschen aufhorchen lässt.
Seine jüngste Initiative entstand im jetzigen Kriegschaos. Die Idee: Die Errichtung von Rettungslagern für die Zivilbevölkerung aus Gaza – bis zur Vertreibung der Hamas und dem Wiederaufbau des Gazastreifens. Wohlgemerkt: Rettungslager innerhalb Israels. Als frommer Jude beruft sich Cohen auf Abrahams Frage an Gott: „Willst DU den Gerechten wie den Frevler töten?“ Seine Argumente sind aber nicht religiös, sondern politisch.
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„Als es darum ging, Rettungsplätze in der ägyptischen Sinai-Wüste einzurichten, waren fast alle in Israel dafür. Doch Ägyptens Präsident Al-Sisi lehnte ab, er hat ja schon jetzt seine Probleme mit der Hamas im Sinai. Er schlug dann in einer Art Trotzreaktion vor, Israel solle doch in der Negev-Wüste solche Fluchtorte einrichten. Und genau betrachtet: Warum eigentlich nicht?“
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Cohen ist sich der Probleme einer solchen Maßnahme bewusst. Er wägt aber auch die Vorteile ab. „Ohne Zivilbevölkerung in der Kriegszone öffnet sich ein größeres Zeitfenster für den Vormarsch der israelischen Armee. In früheren Kampfrunden wurden Militäroperationen immer auf internationalen Druck vorzeitig beendet.“
262 israelische Siedlungen wurden mittlerweile im Westjordanland und in Ostjerusalem errichtet – Tendenz steigend.
690.000 israelische Siedler leben derzeit in der Westbank und in Ostjerusalem – 13 Prozent der Fläche des Westjordanlandes sind durch israelische Siedlungen bedeckt.
2005 ließ Ariel Sharon alle 21 Siedlungen im Gazastreifen räumen, allerdings wurde die Siedlungspolitik im Westjordanland verstärkt: Lebten 2005 249.000 Siedler dort, waren es 2016 bereits mehr als 400.000.
Beratungen mit Militär
Cohen hat bereits mit Militärberatern der Regierung und Mitgliedern des Nationalen Sicherheitsrates gesprochen. Dessen ehemaliger Leiter, Generalmajor Yaakov Amidror, befürwortet die Idee offen. „Was die Regierung zurückschrecken lässt, sind weniger Sachargumente und mehr die nach dem Hamas-Überfall aufgewühlte öffentliche Meinung in Israel“, sagt Cohen.
Die ad hoc errichteten internationalen Feldlazarette im Süden des Gazastreifens könnten mitverlegt werden. Es gäbe sogar bestehende Infrastruktur in dem fast menschenleeren Bereich der Negev-Wüste. Leerstehende Transitlager für Asylwerber könnten sofort 20.000 Menschen Platz bieten, was schnell auf 100.000 ausgeweitet werden kann. „Ein Anfang“, so Eliaz Cohen, den er für unumgänglich hält.
"Geflüchtete kehren in Norden zurück"
Denn: „Wer die Hamas wirklich unschädlich machen will, muss auch in den Süden vorstoßen. Wo sich jetzt schon fast alle der zwei Millionen Gaza-Bewohner aufhalten, zu unsäglichen Bedingungen. Es ist kaum bekannt, aber nicht wenige Geflüchtete kehren schon in den Norden zurück. Die sagen sich: Wenn schon sterben, dann lieber zuhause.“
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Ohne internationale Finanzierung wären solche Rettungslager wie ein anschließender Wiederaufbau Gazas undenkbar. Für Cohen ein Prüfstein der sich anbahnenden Achse USA-Israel-Saudi-Arabien. Sie ist durch den Krieg gefährdet – „doch der Krieg könnte auch einen Neuanfang einleiten.“ So sieht Cohen den Überfall der Hamas und den folgenden Krieg als Chance. „Er bringt eine Bewusstseinsveränderung mit sich. Er kann die psychologische Mauer auf beiden Seiten ins Wanken bringen.“
Brutale Siedler
Zum Guten oder zum noch Schlechteren? Cohen ist sich bewusst, dass gerade unter den Siedlern radikale Kräfte den Krieg als ihre Chance sehen. Durch brutale Übergriffe gegen ihre palästinensischen Nachbarn wollen sie den Krieg ausweiten – in ein Reinigungsbad aus Blut. „Die Armee rekrutiert sie mittlerweile nicht mehr. Ihre Einberufung sollte sie ruhigstellen, richtete aber noch mehr Schaden an.“
Insgesamt zeige seine Jugendarbeit mit ihnen aber Erfolg. „Die Übergriffe gegen Palästinenser lassen nach. Letztlich helfen solche Attacken gegen Unschuldige nur dem Feind – und fallen der Armee in den Rücken.“
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