Ehemaliger SPD-Chef Hans-Jochen Vogel ist tot

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Der frühere deutsche Spitzenpolitiker ist 94-jährig gestorben. Als Kanzlerkandidat unterlag er dem CDU-Chef Helmut Kohl.

Der frühere SPD-Chef Hans-Jochen Vogel ist tot. Er starb am Sonntagmorgen im Alter von 94 Jahren in München, wie die Deutsche Presse-Agentur aus dem Umfeld der Familie erfuhr.

Mit 34 Jahren wurde der 1926 in Göttingen geborene Professoren-Sohn Oberbürgermeister in München - und damit jüngstes Stadtoberhaupt einer deutschen Großstadt. Die 4444 Amtstage an der Isar prägten Vogel stärker als spätere Stationen. Er trug dazu bei, die Olympischen Spiele 1972 nach München zu holen. Wegen heftiger Auseinandersetzungen mit der SPD-Linken warf der damalige Vertreter der Parteirechten das Handtuch und ging in die Bundespolitik.

Die Karriere von Hans-Jochen Vogel war gezeichnet von vielen Glanzpunkten, aber auch Niederlagen: Bundesbau- und Bundesjustizminister, für knapp vier Monate Regierender Bürgermeister in Berlin, SPD-Partei- und Fraktionschef - und Kanzlerkandidat. Doch da unterlag er Helmut Kohl.

Gutes Gewissen

In der SPD galt Vogel zeitlebens als gutes Gewissen mit unerschütterlichen moralischen Grundsätzen. Abgesehen vom großen Thema "soziale Gerechtigkeit" trieb Vogel bis ins hohe Alter aber noch ein anderes Problem um: der drohende Zerfall Europas. Schon als der Austritt Großbritanniens aus der EU sich erstmals abzeichnete, sagte Vogel, dass 70 Jahre Frieden in Europa nur durch die Überwindung des Nationalismus möglich geworden seien.

Seine Parkinson-Erkrankung hatte Vogel erst wenige Jahre vor seinem Tod öffentlich gemacht, bis zuletzt lebte er mit seiner Frau Liselotte in einer Seniorenresidenz in München. Hier ließ er sich - sofern es seine Gesundheit zuließ von Freunden - von Journalisten und auch Parteifreunden besuchen. Mit ihnen diskutierte er dann auch gerne über hochaktuelle Fragen wie die Flüchtlingskrise oder die Gefahren, die rechten Strömungen ausgehen. Wer Vogel erreichen wollte, der brauchte aus heutiger Sicht viel Geduld - bis zu seinem Tod verschmähte er Handy und Computer.

Merkel würdigte Vogel als "Vorbild"

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) würdigte Vogel als "eine der prägenden politischen Persönlichkeiten der Nachkriegszeit". "Sein Wirken war und ist Inspiration und Vorbild für viele Menschen in Deutschland", ließ Merkel über eine Regierungssprecherin auf Twitter schreiben. Ihre Gedanken seien bei der Familie Vogels.

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