Präsident gab verurteilten Politikern Unterschlupf: Der Machtkampf in Polen ist eskaliert
Der Ex-Innenminister und dessen früherer Staatssekretär wurden verhaftet. Es ist nicht das erste Tauziehen zwischen Tusk-Regierung und Nationalkonservativen.
Für Polens Präsident Andrzej Duda ist „kristallklar“: Ex-Innenminister Mariusz Kaminski und dessen früherer Staatssekretär Maciej Wasik seien „ehrliche Menschen.“ Das beteuerte er am Mittwoch – und rügte die Behörden für deren Verhaftung am Dienstagabend.
Eigentlich wollte die Polizei die beiden Abgeordneten der nationalkonservativen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) schon Stunden früher festnehmen, fand sie aber nicht. Dann kam auf, dass der PiS-nahe Duda Kaminski und Wasik in seinem Präsidentenpalast Unterschlupf gewährt hatte.
2015 begnadigt
Auch wenn es zeitverzögert doch zur Verhaftung kam, löste der Vorfall riesige Empörung aus. Kaminski und Wasik waren Ende letzten Jahres von einem Warschauer Bezirksgericht wegen Amtsmissbrauchs zu zwei Jahren Haft verurteilt worden. Duda hatte die beiden nach einem ersten Verfahren 2015 begnadigt, das gilt für ihn noch immer.
Es ist genau jene Eskalation, die viele Experten seit dem Amtsantritt der neuen Regierung unter dem liberalkonservativen Donald Tusk im Dezember befürchtet hatten. Dass es nicht leicht für ihn werden wird, wussten der Ex-EU-Ratspräsident und seine Bürgerkoalition (KO) wohl selbst.
„Auch, wenn die PiS nicht mehr regiert, hat sie noch parteinahe Persönlichkeiten in wichtigen Institutionen und Ämtern installiert“, analysierte Expertin Maria Skóra nach der Wahl im Oktober im Gespräch mit dem KURIER. Als Beispiel nannte sie neben Personen in Justiz und Nationalbank auch Präsident Duda. Die „Schlacht“ der Wahl sei vielleicht gewonnen, der „Krieg“ um die Macht im Land werde aber weitergehen. Das unterstreichen die Geschehnisse um Kaminski und Wasik wohl deutlich.
Ein weiterer Konfliktpunkt ist hier der Umbau der öffentlich-rechtlichen Medien, mit dem Tusks Regierung nicht lange nach ihrer Angelobung begonnen hat. Die hätten unter der PiS-Regierung Parteipropaganda verbreitet, hieß es – auch internationale Organisationen kritisierten das schon lange.
Noch vor Weihnachten entließ Kulturminister Bartlomiej Sienkiewicz die gesamte Führung des staatlichen Fernsehsenders TVP, des polnischen Radios und der Nachrichtenagentur PAP. Nun hat ein Gericht diese Entscheidung aufgehoben.
Laute Kritik der PiS
Geschickt und laut schlug die PiS Alarm, beim Thema Medien wie bei den Politiker-Verhaftungen. Tusk schränke die Demokratie ein – ein Vorwurf, mit dem früher die PiS-Regierung konfrontiert war.
In der Nacht auf Mittwoch versammelte sich vor dem Gefängnis in Warschau, in das die zwei verhafteten PiS-Politiker gebracht wurden, eine Gruppe von Parteifreunden, darunter Chef Jaroslaw Kaczynski.
"Politische Gefangene"
Er bezeichnete Kaminski, der mittlerweile in einen Hungerstreik getreten ist, und Wasik als „politische Gefangene“ und forderte vergeblich Einlass in die Haftanstalt. Duda zeigte sich ebenfalls kämpferisch: Er werde nicht ruhen, bis die beiden Politiker wieder freigelassen würden, sagte er.
Laut der PiS-kritischen Tageszeitung Gazeta Wyborcza werden die Nationalkonservativen „nicht locker lassen“. Sie hätten nur ein Ziel: „Die Regierung von Donald Tusk zu stürzen. Um jeden Preis.“
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