Drohnen über Dänemark: Wieso Russland dahinter stecken könnte

"Das war definitiv kein Zufall, das hatte System.“ Dänemarks Verteidigungsminister Troels Lund Poulsen ließ keinen Zweifel daran, dass die Drohnen über seiner Heimat von einem „staatlichen Akteur“ stammen: Nach der Attacke auf den Airport Kopenhagen vor vier Tagen waren in der Nacht auf Donnerstag über vier Regionalflughäfen Drohnen aufgetaucht – auch in der Nähe einer Militäranlage.
Fünf Mal mehr als USA
Woher sie kamen, ist noch nicht ganz klar. Vermutet wird, dass sie entweder von der russischen Enklave Kaliningrad 600 Kilometer von Kopenhagen entfernt oder von einem Schiff in der Ostsee gestartet sein könnten. Moskau weist das freilich brüsk zurück: Man spricht von einer „inszenierten Provokation“.
Dabei hätte Russland durchaus Interesse daran, die Bevölkerung des Sechs-Millionen-Einwohner-Landes zu verunsichern: Kein Land der Welt hilft der Ukraine mehr als Dänemark; 2,9 Prozent seines BIP hat das Land seit Putins Überfall in Richtung Kiew geschickt. Auf Platz zwei liegt Estland, das kürzlich ja mit irrlichternden russischen Jets zu tun hatte. Aus Deutschland oder den USA kamen im selben Zeitraum nur etwa 0,6 Prozent.
Regierungschefin Mette Frederiksen hat sich immer wieder demonstrativ an die Seite Wolodimir Selenskijs gestellt. Anders als in anderen EU-Staaten steht die Bevölkerung laut Umfragen hinter dieser Politik. Selbst die massive Aufrüstung, die die Sozialdemokratin nach Trumps Amtsantritt verkündete – drei Prozent des BIP fließen nun ins Militär – kommt gut an; wohl auch, weil die Investitionen bitter nötig sind. Dänemark hat die Hälfte seiner schweren Waffen und seine gesamte Artillerie nach Kiew geschickt, das Militär musste wegen Engpässen sogar NATO-Übungen absagen. Über eine eigene, spezialisierte Drohnenabwehr verfügt man überhaupt nicht – das gilt es jetzt aufzuholen.
Waffenfabrik als Ziel?
Vor Kurzem legte sich Frederiksen ganz öffentlich mit Moskau an. Sie kündigte an, erstmals Langstreckenwaffen für ihr Land anzuschaffen – um Russland abzuschrecken, wie sie wörtlich sagte. In Moskau las man das als Drohung: Dass Dänemark Präzisionswaffen kaufe, mit denen selbst die russische Hauptstadt erreicht werden könnte, sei „purer Wahnsinn“.
Ähnlich verstimmt war der Kreml, als bekannt wurde, dass die Dänen im Schnellgang die Baugenehmigung für eine Fabrik der ukrainischen Firma Fire Point erteilt haben. Das Unternehmen stellt nicht nur Drohnen her, sondern auch den Marschflugkörper Flamingo, der mehr als 3000 Kilometer fliegen soll – er gilt als „Wunderwaffe“ Kiews.
Das sei ein „feindlicher Akt“, hieß es aus dem Kreml. Denkbar ist, dass all das mit den Vorfällen von Dienstag zu tun hatte: Eine der Drohnen war nämlich auf dem Flugfeld Skrydstrup gesichtet worden – und genau dort soll die neue Fabrik der Ukrainer entstehen.
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