Neue Rolle
Sein Land werde eine Führungsposition in Europa erreichen, sagte Tusk selbst am Dienstag. Erstmal aber sollen ihm seine Erfahrung und sein Netzwerk helfen, die Beziehungen mit Brüssel wieder zu verbessern.
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Dass Tusk pro-europäischer handeln wird als Morawiecki, steht außer Frage. Doch wer glaubt, dass Polen jetzt zu allen Vorschlägen der EU-Institutionen Ja und Amen sagt, könnte sich täuschen. Auch mit einem Premier Tusk gibt es Interessenskonflikte zwischen Warschau und Brüssel:
1. Migration
Eine brennende Frage, bei der es weiterhin krachen könnte, lautet etwa: Wie soll die EU mit den vielen Geflüchteten umgehen?
Polen hat sich unter der PiS gemeinsam mit Ungarn der von der Kommission vorgeschlagenen Migrations- und Asylreform widersetzt und wollte keine Flüchtlinge aufnehmen oder Geld dafür aufwenden, andere EU-Länder dabei zu unterstützen.
Als die PiS im Wahlkampf vor einer Vielzahl an irregulären Migranten im Falle einer PO-Regierung warnte, dementierte die PO das. Sie zeigte sich bei dem Thema überraschend hart, kritisierte etwa die unter der PiS 2022 errichtete Mauer an der Grenze zu Belarus als zu „löchrig“. Polen habe bereits Millionen Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen, war zudem zu hören, das müsse reichen.
2. Kohleausstieg
Ein Streitthema ist auch der Kohleausstieg. Brüssel will diesen zusammen mit einem Umstieg auf erneuerbare Energiequellen so bald wie möglich, um seine Klimaziele einhalten zu können. Doch in Polen ist das – ob mit Tusk an der Macht oder ohne – nicht so einfach, ist doch kein anderes EU-Land so abhängig von der „schmutzigen“ Energiequelle. Die neue Regierung will langfristig wie die alte von Kohle- auf Kernenergie wechseln.
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3. Reparationsgelder
Bereits seit Langem fordert Polen vom EU-Schwergewicht Deutschland eine finanzielle Wiedergutmachung für die Gräueltaten des Zweiten Weltkriegs, konkret ist von 1,3 Billionen Euro die Rede. Deutschland lehnte das stets ab. Auch unter Tusk dürfte das emotional aufgeladene Thema nicht vom Tisch sein.
4. Russland und Euro
Aufgrund seiner historischen Erfahrungen mit Russland hat Polen außerdem eine härtere Position gegenüber Moskau als viele andere EU-Länder und fordert ein besonders rasches Ende von z.B. russischem Gas in Europa. Und ob Polen unter Tusk den Euro bald einführen wird, ist ebenfalls fraglich.
Tusk versteht, wie die EU funktioniert. Er dürfte daher wissen, wie er Polens nationale Interessen in Brüssel durchsetzen kann. Die haben sich zum Teil nicht so stark geändert, wie man glauben könnte. Was sich aber ändern wird, da sind sich viele Experten einig: Die Gesprächsbasis wird eine andere sein, mit Tusk könne man diskutieren, heißt es.
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